Anthony Ryan, Das Lied des Wolfes
„Heutzutage nennen viele meinen Bruder ein Ungeheuer. Seine Taten, die schrecklichen wie die wundersamen, sind für sie das Werk eines übernatürlichen Wesens, das die Gestalt eines Menschen annahm, um furchtbares Unheil über uns alle zu bringen. In den dunklen und elenden Ecken der Welt wird er von manchen noch als Gott bezeichnet, aber das nur in furchtsamem Flüsterton. Interessanterweise sprechen weder Erstere noch Letztere seinen wahren Namen aus, dabei kennen sie ihn so gut wie ich.“ (S. 15)
Vaelin Al Sorna kontrolliert im Auftrag der Feuerkönigin Lyrna Al Nierens als Turmherr die Nordlande der Vereinigten Königslande. Eine Gesandtschaft des Kaufmannskönigs Lian Sha besucht Vaelin, um einen Waffenhandel zu vermitteln und Krieger anzuwerben. Nach einem Anschlag auf die Gesandtschaft erfährt Vaelin, dass sich die berüchtigten Krieger der Stahlhast auf Eroberungszug sind und der Attentäter teilt ihm mit, dass sich sein ehemalige Freundin Sherin mit der Jadeprinzessin auf den Weg zum Anführer der Stahlhast gemacht hat.
„Als der Wassermann eines Tages nach Hause kam, sagte die Wassermannfrau zu ihm: »Heute musst du ganz leise sein. Wir haben nämlich einen kleinen Jungen bekommen.« »Was du nicht sagst!«, rief der Wassermann voller Freude. »Einen richtigen Jungen?« »Ja, einen richtigen kleinen Wassermann«, sagte die Frau.“ (S. 9 f)
„Du wirst mutig sein. Du wirst dein Bestes geben. Du wirst einen weiten Weg zurücklegen müssen. Doch die Reise dorthin ist kurz. Du wirst große Verluste erleiden. Deine Sterne sagen, dass du scheitern wirst. Paisly Fitzwilliam, noch vor dem Ablauf deiner vierzehnten Wende wird dein Rädchen zum Stehen kommen. Dein Weg wird enden und du wirst sterben.“ (S. 18)
„In den Legenden meines Volkes heißt es, dass nur eine wahre Braut des Meeresgottes seinem unersättlichen Zorn ein Ende bereiten kann. Wenn vom Ostmeer her die Stürme der anderen Welt aufziehen, Blitze den Himmel zerreißen und Wasser die Küste sprengt, wird eine Braut auserwählt und ihm geschenkt. Oder geopfert, je nachdem, wie groß dein Glaube ist.“ (S. 7)
„In der Nacht, als die Füchse ihren Vater raubten, konnte Willow nicht schlafen. Sie hatte stundenlang im Dunkeln gelegen und dem Wind gelauscht, der in den Dächern sang. Dielen knarrten, als Dad im Haus umherging. Auch er fand keinen Schlaf. Irgendwann nach Mitternacht hörte sie, wie die Hintertür aufging.“ (S. 6)
„Um meine Mutter ranken sich zahlreiche Legenden. Manchen zufolge hat sie ihren Ehemann, einen großen sterblichen Krieger, hintergangen und ihm das Elixier der Unsterblichkeit gestohlen, um Göttin zu werden. Andere stellen sie als unschuldiges Opfer dar und behaupten, sie habe das Elixier nur getrunken, damit es nicht Räubern in die Hände fällt. Welche Geschichte man auch glaubt, fest steht, dass meine Mutter, Chang’e, unsterblich wurde. Und ich mit ihr.“ (S. 9)
„Ein Dröhnen, lauter als der Donner zuvor, hundert Mal lauter als der Donner und das Gymnasium fällt in sich zusammen. Ein Anblick, der großartig und schrecklich zugleich ist. Ein dichter roter Nebel aus Ziegelstaub steigt auf und breitet sich gedankenschnell aus. Die Stadt versinkt im Chaos. Es hört nicht auf zu regnen.“ (S. 6)
„Am Abend schämt sich Pete für seine Schwäche. Dem falschen Weihnachtsmann etwas ins Ohr zu flüstern, war einfach nur blöd. Die Zeit hätte er besser nutzen können. Er hätte zum Beispiel Sara etwas vorlesen können. Das wäre wesentlich sinnvoller gewesen, denn ihre Krankheit ist inzwischen so weit fortgeschritten, dass keine Behandlung sie mehr stoppen kann und es keine Hoffnung mehr gibt.“ (S. 14)
„Robin trat mit der Ferse gegen die Tür, die hinter ihr scheppernd ins Schloss fiel. Sie schnaubte, etwas außer Atem vom vielen Treppensteigen, aber auch ein bisschen vor Wut. Unsanft stellte sie den letzten Karton zu den anderen und blieb einen Moment davor stehen. Der Umzug war geschafft. Hier wäre von nun an ihr Zuhause.“ (S. 9)
„Frieda Fröhlich saß an ihrem Schreibtisch, las Wunschzettel der Kinder und seufzte. Je länger sie las, desto lauter wurden ihre Seufzer. »Briefe, Briefe, Briefe«, murmelte sie betrübt. »So viele Wünsche. Wie soll sich das alles bis Weihnachten ausgehen?«“