Biographie

Elisabeth Vera Rathenböck, Die Stunde der Nattern

h.schoenauer - 02.12.2008

Buch-CoverEin Kind tippt in das Klingelbord eines Hochhauses eine Geheimbotschaft ein und läutet so jede Menge Bewohner heraus, sein Vater ist gerade ums Eck auf ein Pferd gestiegen und in den Wilden Westen geritten, eine Lehrerin wird Molch genannt, weiß aber nichts von ihrem Kosenamen.

In der Kindheit ist die Schwerkraft generell aufgehoben und die Erinnerung erzeugt feine Bilder und seltsame Figurenkonstellationen.

Otto Licha, Geiger

h.schoenauer - 30.10.2008

Buch-CoverGeiger - was für eine präzise Beschreibung für ein Lebensgefühl. "Geiger kann niemand ohne musikalische Berührung werden." (307)

Otto Licha erzählt von Vater David und Sohn Simon Lehar, die sich jeweils auf ihre Art durchs Leben geigen. David lebt in Innsbruck ein relativ unscheinbares Leben, seine musikalischen Fähigkeiten sind hervorragend, aber zum kompletten Genie reicht es nach Auskunft seiner Mit-Musikanten nicht. Aber seine Geige gilt als genial.

John Leake, Der Mann aus dem Fegefeuer

h.schoenauer - 14.09.2008

Buch-CoverIn den USA gilt Jack Unterweger in "sozialen" Gegenden als der berühmteste Österreicher und rangiert damit noch vor Arnold Schwarzenegger.

Kein Wunder, ist der eine ein politisch auf dem Prüfstand stehender Ex-Bodybildner mit Connections zum Kennedy-Clan, während beim anderen, im Gefängnis zum Bodybildner ausgewachsen, die Connections zur österreichischen High-Society ins Mythologische abgedriftet sind und er mittlerweile den Status eines Halb-Heroen aus der Unterwelt hat.

Roman Schatz, Der König von Helsinki

h.schoenauer - 07.08.2008

Buch-CoverManchmal ist das Schicksal an der Kippe zwischen Erfindung und Zuschlag angesiedelt, in solchen Fällen weiß man dann nie, ob es sich um einen Roman oder die Darstellung eines öffentlichen Sachverhalts handelt.

Roman Schatz erzählt schelmenhaft und abgebrüht das Leben eines Deutschen, der nach Finnland emigriert. Der Status des Ich-Erzählers gibt dem Text einen ordentlichen authentischen Schub, die eingefügten Wahrnehmungen und vor allem die aberwitzigen Dialoge lassen vermuten, dass das Buch ein handfester Roman ist.

Petros Markaris, Wiederholungstäter

h.schoenauer - 21.04.2008

Buch-CoverEin Krimi gilt als umso spannender, je glaubwürdiger er ist. Wie glaubwürdig ist aber das Leben eines Krimi-Autors, der spannende Krimis schreibt?

Petros Markaris ist der wichtigste Krimi-Autor Griechenlands und sein Held Kostas Charitos ist in manchen Gegenden berühmt wie Odysseus. Petros Markaris erzählt, wie er zu diesem Helden gekommen ist. Die Lösung ist verblüffend, dieser seltsame Kommissar ist einfach ein Verschnitt aus eigenwilligen Verwandten.

Ludwig Brantner, Einmal talwärts und zurück

h.schoenauer - 04.03.2008

Buch-CoverIm Land der Aufstiegshilfen ist es ein geradezu sensationell ironischer Titel, wenn jemand "einmal talwärts und zurück" bucht.

Ludwig Brantner stellt schon am Umschlag seines Lebensberichtes klar, wo es lang geht. In einer Familie mit zwölf Kindern hineingeboren und ausgestoßen, zieht sich vor allem das A-Wort durch die Jahrzehnte, es geht um Alkohol.

Engelbert Obernosterer, Nach Tanzenberg

h.schoenauer - 07.11.2007

Buch-CoverErst wenn man eine Sache von zwei Seiten betrachtet, wird sie dadurch vielleicht wahr und oft auch schräg und zum Schmunzeln.

Engelbert Obernosterer nennt jene Sache, die ihn in seinem Leben wohl am meisten beschäftigt und beschädigt hat "Nach Tanzenberg".

Kurt Lanthaler, Das Delta

andreas.markt-huter - 21.09.2007

Buch-CoverIm Zeitalter durchgehender Terrorangst darf man nirgendwo auf der Welt einen Koffer abstellen, ohne dass dieser nicht sofort gesprengt würde.

Diese Erfahrung macht auch der Lebenskünstler Fedele Conte Mamai - wörtlich übersetzt der treue Graf Niemals (S. 78) -, als er nach Jahrzehnten wieder in das Po-Delta zurückkehrt. Irgendwie verliert er den Koffer aus den Augen und ist schon dran. Carabinieri wollen alles wissen, wer warum weshalb, und genau auf diese Fragen weiß der treue Graf keine Antwort.

Raoul Schrott (Hrsg.), NC Kaser elementar

andreas.markt-huter - 19.09.2007

Buch-CoverDieses Elementar-Buch ist von A bis Z aufregend. Das fängt schon damit an, dass ein Schriftsteller für Randlagen, wie Raoul Schrott es in seinen Romanen und Editionen ist, sich mit einem Dichter der Randlage Südtirol beschäftigt, aufregend ist in der Folge, wie man aus einem mehrbändigen Gesamtwerk einen handfesten griffigen Reader komponiert, und die Frage nach der Unsterblichkeit von Biographien und Werken ist schließlich eine der elementarsten der Literatur.

Raoul Schrott geht die Sache chronologisch an, denn die Zeit ist das einzig Verlässliche bei der Neuherausgabe von Literatur. Unter dem Entstehungsjahr versammelt Raoul Schrott nach subjektivem Augenmaß jeweils die wichtigsten Texte des Kaserschen Produktionsjahrs. Als Präambel gibt es einen kleinen Datenblock, sodann laufen die Texte ab, ganz egal ob Prosa, Brief oder Gedicht. Das germanistische Schema der Gewaltenteilung in der Fiktion ist also aufgegeben zugunsten der biographischen Wertung. So lässt sich oft gut verstehen, wie ein Gedicht aus einem Brief entstanden ist, oder wie ein Briefempfänger höchst persönlich zu einem frischen Gedicht gekommen ist.

Paul Flora, Wie's halt so kommt

andreas.markt-huter - 05.07.2007

Buch-Cover

Interessante Biographien haben entweder einen Lebensinhalt, der den Leser vom Sessel haut, oder eine Erzählweise, die jedes Publikum mit offenem Mund in den Bann zieht.

In Paul Floras Geburtstagsbiographie, der Jubilar wird 85, kommen beide Elemente einer gelungenen Biographie zum Tragen. Felizitas von Schönborn hat aus Gesprächen, Aufsätzen und Notizen einen Abenteuerroman eines Künstlers zusammengestellt, und Paul Flora, der Meister der verschmitzten Untertreibung, hat große Sachen bescheiden, und kleine Anekdoten süffisant unterdimensioniert zum Besten gegeben.