Das Büchereiwesen in Wenns im Pitztal

WennsNur das Lesen ermöglicht es uns an der Kultur teilzuhaben, die Geschichte der Menschheit nachzuvollziehen oder einen Einblick in das Wissen der heutigen Zeit zu bekommen.

Das bedeutet, dass Lesen und Kultur untrennbar miteinander verbunden sind.

Diesen Satz habe ich als Anlass genommen, die Geschichte der Kultur, des Lesens und des Büchereiwesens in Wenns genauer unter die Lupe zu nehmen.

Wenns war schon immer das kulturelle Zentrum des Pitztales und das ist auch heute noch so. - So gibt es in unserer Gemeinde bei ca. 2000 Einwohnern 26 Vereine, darunter auch den Krippenverein - der älteste Krippenverein der Welt.

Anfänge
Bei Ausgrabungen fand man Siedlungsanlagen der Rätoromanen (datiert auf 500 v.Ch.) und auch aus der Römerzeit. Der Weg über den Piller Sattel - Gachenblick, einer Abzweigung der Via Claudia Augusta, war schon in frühester Zeit eine wichtige Verkehrsroute. Das belegt auch eine Reihe wertvollster Funde, die man heute im Museum Fließ bestaunen kann.

Vom Mittelalter zur Neuzeit
Schon im Jahre 1233 wird der erste Pfarrer (Counrad von Severs  genannt und 1288 wird die Weihe eines Altars zu Ehren des Hl. Johannes des Evangelisten erwähnt. Laut des Wenner Historikers Alois Lechthaler hat es 1359 bereits einen Schulmeister mit Namen Friedrich gegeben, der den Kindern Lesen und Schreiben beibrachte. 200 Jahre später soll  angeblich ein anderer Schulmeister namens Kaspar Redlich, der  “Unfleiß” ( also Unachtsamkeit ) den Brand der Pfarrkirche verursacht haben. Durch diesen Brand wurden zahlreich wertvolle Bücher und Urkunden vernichtet.

Andere, nicht weniger wertvolle Stücke hatten mehr Glück. So kann man z.B. heute noch ein Kalendarium, geschrieben in wunderschöner Handschrift, bewundern. Überhaupt ist das Archiv im Pfarrhof für geschichtlich Interessierte ein Insidertipp.

Im 20. Jahrhundert
In den Jahren um 1930 wirkte in Wenns der äußerst vielseitig interessierte Pfarrer Johann Thöni, zu dessen Leidenschaften die Fotografie, der Alpinismus, sowie die Pflege der Volkskultur gehörten. So entstand während seiner Zeit als Seelsorger ein einfacher Theatersaal, der noch lange Zeit seinen Zweck als kulturelles Zentrum erfüllte.

Auch eine Pfarr- und eine Lehrerbücherei gab es damals schon in Wenns, wie man aus Stempeln in diversen alten Büchern ablesen kann. Aus der nachfolgenden Zeit des NS Regimes stehen keine genauen Angaben zur Verfügung. Es darf jedoch angenommen werden, dass der Lesestoff der Bücherei der Ideologie des Regimes angepasst wurde.

Der Beginn eines geregelten Büchereiwesens, das ohne Unterbrechung bis heute reicht, ist die Zeit nach dem 2. Weltkrieg. Franz Xaver Perkhofer (der im Dezember 2010 im Alter von 105 Jahren verstorben ist), damals Direktor der Volksschule in Wenns, hatte sich das Ziel gesetzt, eine öffentliche Bücherei zu gründen. Ab 1950 konnten interessierte Leser in einem kleinen Raum in der “Alten Volksschule” (heute ist in diesem historischen Gebäude der Kindergarten und die Landesmusikschule Pitztal untergebracht) am Sonntag nach dem Hauptgottesdienst aus einem größeren Angebot Bücher auswählen.

Der lesende Pfarrer
Um in der “Pfarrbücherei Wenns” nur sittlich und moralisch einwandfreien Lesestoff anzubieten, machte sich Herr Perkhofer die Mühe, alle 2000 Bücher, die er nach der Auflösung der Bücherei der Buchhandlung Jöchler in Landeck gekauft hatte, durchzulesen, ihren Inhalt zu überprüfen und Unbrauchbares zu eliminieren.

Ein weiteres Hobby des Herrn Perkhofer war die Buchbinderei. So reparierte er nicht nur alte, verschlissene Bücher, sondern band auch, hauptsächlich religiöse, Zeitschriften (z.B. Stadt Gottes, Jesusknabe und ähnliche erbauliche Schriften) jahrgangsmäßig zu Büchern. Es dürften sicher an die 1000 Exemplare sein, die er in mühsamer Kleinarbeit reparierte oder herstellte.

1984 wurde aus der Pfarrbücherei die “Öffentliche Bücherei Wenns” was auch zur Folge hatte, dass die Bücherei nun von öffentlicher Seite wie der Gemeinde, dem Land Tirol und dem TVB finanziell unterstützt wurde. 1988/89 bot sich die Gelegenheit an der Hauptschule Wenns eine Schulbibliothek zu errichten. Auf 30 m² wurde eine SB eingerichtet und mit der öffentlichen Bücherei zusammengeschlossen. Der ursprüngliche Bestand aus 600 Büchern, die aus der Lehrerbibliothek und den Klassenbüchereien zusammengetragen wurden, konnte bald auf 2500 Bücher erhöht werden. So wurden alte und zerlesene Bücher bald großzügig ausgeschieden. Auch die Bücher der ehemaligen Pfarrbücherei wurden ausgemustert. Sie lagern heute noch im Keller der Hauptschule.

Schulbibliotheken
1993 wurde im Zuge eines Schulumbaues ein großzügiger, heller, freundlicher Raum mit 90 m² geschaffen, der auch für verschiedene Veranstaltungen wie z.B. Autorenlesungen, Spielenachmittage usw. genutzt wird.

Durch die räumliche Entfernung der Volkschule zur Hauptschule, das einen Besuch der Klassen während der Unterrichtszeit fast unmöglich macht, sowie die unhaltbaren Zustände der Klassenbibliotheken - uralte Bücher, absolut nicht altergemäß für die Kinder, ergriffen im Schuljahr 1999/2000 der Schulleiter Thomas Mayer und meine Kollegin Erna Santeler die Initiative und errichteten im ehemaligen kleinen Werkraum im Dachgeschoß der VS eine Bibliothek.

In den Ausbau des Raumes wurden auch die Eltern miteinbezogen. So verlegten handwerklich begabte Väter den Laminatboden, während fleißige Mamas einen Basar veranstalteten, dessen Erlös zur Anschaffung erster Bücher verwendet wurde. Als im Schuljahr 2002/03 die Sonderschule vom Dach- ins Erdgeschoß wechselte, konnte der angrenzende Raum zur SB angeschlossen werden.

Durch die unermüdliche Arbeit und den Einsatz meiner Vorgängerin darf ich nun eine funktionierende SB mit ca. 2000 Medien übernehmen und die Arbeit weiterführen.

Text: Michaela Partl
Artikelbild: bilder.tibs.at/Richard Wilhelmer

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