Lautlesen in der Volksschule (Teil 2)

Im zweiten Teil ihrer dreiteiligen Artikelserie zeigt Liane Praxmarer Wege auf, die im Unterricht zur Förderung der Leseflüssigkeit führen:

Flüssiges Lesen ist der Grundstein für ein mögliches Textverständnis. Das heißt, dass Leseflüssigkeit auch die Lesemotivation der Kinder steigert. Denn nur wer versteht, was er liest, ist motiviert weiterzulesen.

Stockendes und fehlerhaftes Lesen hingegen erschwert das Textverständnis, weil ein großer Teil der Aufmerksamkeit für die Entzifferung der Wörter und nicht für die Sinnentnahme verwendet wird. Aufgrund der unzureichenden Lesekompetenz vermeiden es schlechte Leser, freiwillig zu lesen, damit fehlt ihnen die notwendige Übung, um sich zu verbessern. (vgl. Rosebrock u.a. 2011, S. 20)

Leider wird lautes Lesen immer noch zu oft mit Reihumlesen in Verbindung gebracht. Dabei wird den Kindern ein unbekannter Text vorgelegt, den sie abschnittsweise vor der gesamten Klasse laut vorlesen. Oftmals wird die Lektüre dann vom Nachbarn fortgesetzt. Die restlichen Kinder der Klasse sollten still mitlesen. Diese Art der Texteinführung und –übung wird in der Literatur oftmals kritisiert, da die Lesezeit des Einzelnen einfach zu kurz ist.

Außerdem kann das Leseverständnis auf diese Art und Weise nicht gefördert werden, da durch den dauernden Wechsel des Vorlesers und der Vorleserin der Gesamtzusammenhang des Textes verloren geht. Gerade schwache Kinder konzentrieren sich außerdem oftmals so sehr darauf, keine Lesefehler zu machen, dass sie keine Möglichkeit haben, den Inhalt des Textes kognitiv zu erschließen. (vgl. Rosebrock u.a. 2011, S. 23-24)

Besonders in der Schule ist es meiner Meinung nach deshalb die Aufgabe von uns Lehrern und Lehrerinnen, viel und mit passenden Fördermaterialien die technischen Lesefertigkeiten der Schülerinnen und Schüler zu verbessern. Um nun die Leseflüssigkeit zu trainieren finden sich in der Literatur verschiedene Methoden von denen ich einige näher erläutern möchte:

  • Lautlesen mit Wiederholung

Bei dieser Übungsmethode wird ein Textabschnitt von einem leseschwachen Kind ausgewählt. Damit ist schon grundgelegt, dass der Schüler bzw. die Schülerin motiviert ist, den Text zu lesen. Anschließend liest er oder sie einem lesestärkeren Partner den Text vor, bis eine entsprechende Lesegeschwindigkeit mit wenigen Lesefehlern erreicht wird. Durch diese Art des Trainings schleifen sich viele geläufige Wörter ein, sodass sie nicht mehr mühevoll erlesen werden müssen. Dadurch steigert sich automatisch auch die Lesegeschwindigkeit und das Leseverständnis bei unbekannten Texten. (Rosebrock u.a. 2011, S. 28-29)

  • Das Tandemlesen

Während beim wiederholten Lesen die Wiederholung von Textstellen im Vordergrund steht, steht beim Tandemlesen ein kompetentes Lesevorbild im Vordergrund. Dabei liest der lesestarke Schüler bzw. die lesestarke Schülerin gemeinsam mit einem leseschwächeren Kind einen Text. Dabei wird die Lesegeschwindigkeit und die Betonung einzelner Satzteile imitiert.  Außerdem korrigiert der Lesestärkere den Leseschwächeren. Anschließend kommunizieren beide Partner über das Gelesene. Wird der Text nun einige weitere Male gelesen, wird immer mehr Verantwortung auf den schwachen Leser bzw. die schwache Leserin übertragen und der helfende Partner bzw. die helfende Partnerin nimmt sich immer mehr zurück. (Rosebrock u.a. 2011, S. 29-32)

  • Unterformen des Tandemlesens

Dazu gehören das Echolesen und das Lückenlesen. Beim Echolesen liest ein Partner / eine Partnerin vor und der / die andere wiederholt zeitlich verzögert.  Beim Lückenlesen hingegen setzt der Leselehrer / die Leselehrerin an bestimmten Textstellen aus und der Lesepartner / die Lesepartnerin übernimmt das Vorlesen. (Rosebrock u.a. 2011, S. 31)

Dieses Verfahren wird von mir gerne in meiner Schulklasse verwendet und funktioniert dort folgendermaßen:

Ein guter Leser kommt mit einem schwächeren Leser in eine Gruppe. Der bessere Leser liest nun langsam einen Text vor, wobei der schwächere laut mitliest. So fallen Fehler schon einmal nicht so ins Gewicht. Der Text wird nun einige Male gemeinsam gelesen. Nach ca. 15 Minuten sollte auch der schwächere Leser in der Lage sein, den Text möglichst fehlerfrei und ausdrucksstark betont vorzulesen.

Literatur

Rosebrock, Cornelia, Nix, Daniel, Rieckmann, Carola , Gold, Andreas: Leseflüssigkeit fördern. Lautleseverfahren für die Primar- und Sekundarstufe. Seelze 2011 (Friedrich Verlag)

 

Text und Fotos: Liane Praxmarer

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