Andreas Renoldner, Es ist Zeit zu verschwinden

Wenn sich die Gesellschaft von den Menschen abwendet, muss sich der kluge Held darin eine eigene Welt bauen.

Andreas Renoldner stellt in seinen dreizehn Erzählungen Menschen vor, die mit der Welt nicht zurecht kommen und sich daher eine eigene Weltanschauung zurecht gezimmert haben. Dabei ist diese Eigenwelt oft um nichts besser als jene, von der sie sich abgewendet haben.

Unter dem Decknamen Grünzeug hat sich ein Mann von der Welt verabschiedet und pflegt nur mehr seinen Garten, der ihn täglich heftiger herausfordert. Die Büsche werden ihn überleben, vermutet er, sie haben nämlich die Übermacht und hören nie auf zu wachsen.

In einer anderen Geschichte kommt es im Speisewagen zu einem Einweg-Disput. Der Erzähler wird mit einem Gegenüber konfrontiert, das einerseits an allem etwas auszusetzen hat, andererseits das Abenteuer als geschundener Konsument sucht. Heute ist kein guter Tag für den Tagesteller, sagt er zum Erzähler, der eben eine mickrige Ente bei voller Fahrt zerstochert.

Wie man in drei Minuten fix und fertig sein kann zeigt ein anderer Konsument, der eine Schnellpackung Reis kochen will und dabei mit den Grenzen seines Lebenssinnes konfrontiert wird.

Eine Truppe, die von der Gesellschaft nicht gerade verwöhnt worden ist, hat sich letztlich in einen Sicherheitswahn geflüchtet und beobachtet die Außenwelt nur noch aus verbunkerten Augäpfeln heraus, über die Kameras gestülpt sind.
Auch ein ehemaliger handfester Arbeiter, der handfeste Handymasten aufgestellt hat, ist mittlerweile arbeitslos und outgesourced.

Von der Couch aus managt er das Leben, wenn es nicht gerade bei einem Besuch am Sozialamt aufgelockert wird. Die virtuelle Welt ist bereits so weit fortgeschritten, dass die ultra-schnellen Verbindungen über einen Chip direkt ins Hirn vorstoßen.

Wenn ein Paar im Urlaub auf einem Tandem fährt, dann ist die Krise perfekt. Immer dem Partner voraus- oder nachzustrampeln bringt letztlich den finalen Frust.

Andreas Renoldner stellt in einem augenzwinkernden biographischen Versuch fest, dass sein Lebenslauf vor Jahren bei einem Virenangriff auf dem Bildschirm sich in Punkte aufgelöst hat und er ihn nur mehr ergänzen, aber nicht mehr fassen kann. Seine Erzählungen nennt der Autor insofern bemerkenswert, als sie entweder nach einem Hörspiel verfasst, im Rundfunk gesendet worden sind oder einen Preis gekriegt haben.

Es ist Zeit zu verschwinden zeigt die Unmöglichkeit, mit der Welt ins Reine zu kommen, ohne dabei nicht angeschlagen und vernichtet zu werden. - Ironische Erzählungen vom persönlichen Weltuntergang.

 

Andreas Renoldner, Es ist Zeit zu verschwinden. Erzählungen.
Klagenfurt: Kitab 2012. 174 Seiten. EUR 15,-. ISBN 978-3-902878-02-1.

 

Weiterführende Links:
Kitab-Verlag: Andreas Renoldner, Es ist Zeit zu verschwinden
Wikipedia: Andreas Renoldner

 

Helmuth Schönauer, 24-11-2012

Bibliographie

AutorIn

Andreas Renoldner

Buchtitel

Es ist Zeit zu verschwinden

Erscheinungsort

Klagenfurt

Erscheinungsjahr

2012

Verlag

Kitab-Verlag

Seitenzahl

174

Preis in EUR

15

ISBN

ISBN 978-3-902878-02-1

Kurzbiographie AutorIn

Andreas Renoldner, geb. 1957 in Linz, lebt in Wien.

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