Vierzig Gedichte sind bei Gerhard Kofler natürlich mindestens hundertzwanzig. Man muss die Gedichte einmal in den beiden Sprachen Italienisch und Deutsch zählen und dann noch als Atmosphäre, die zwischen diesen Sprachen herrscht.
Immer wieder wird in Fußnoten auf die feinen Anspielungen hingewiesen, die zwischen den Zeilen und Sprachen herumsurren, der italienische Dichter Torquato Tasso etwa kann auch ein Baum oder ein Dachs sein. (25)
Selbstgespräche im Herbst sind wie flirrende Gedanken im Laub versteckt, das lyrische Ich steckt sich ab und zu einen Gedanken zu und löst sich dann wieder in einem Hauch von gebrochenem Sonnenstrahl auf.
LANGSAMER OKTOBER // ich sehe daß ich gehe / ohne ein ziel hier // ich gehe daß ich sehe / nur den nebel // ich sehe daß ich sehe / ich gehe daß ich gehe (17)
Etwas hat sich verändert, Der November beginnt wieder, Die Bäume kehren zurück ins Gedicht. Immer wieder sind es leichte Sätze zwischen Seufzen und Erkennen, das sich jemand im Selbstgespräch selbst zuwirft. Aus diesem lapidaren So-ist-es wächst dann eine leichte Verstörung, die ein paar kurze Zeilen dauert, bis sich das Ich wieder beruhigt hat. Draußen pfeift indes der Herbst mit allen literarischen Fügungen ums Eck.
Während etwa ein Anti-Wintergedicht "zufleiß" gegen alle Erfahrungen mit dem Winter formuliert ist, blinzelt an anderer Stelle so etwas wie ein später politischer Bovist aus dem Metaphernmeer. In "Südtiroler Standpunkte" geht es ironisch um das Drinnen und Draußen, und Italien liegt dabei ganz unten. Eingekesselt von Selbstgesprächen sind diese Südtiroler Standpunkte sprachliche Sticheleien mit sich selbst, wie an manchen Tagen ganz Südtirol nichts anderes als ein verlorenes Selbstgespräch zu sein scheint.
Gerhard Koflers Gedichte sind fein, reif, wortgolden und klug in Nischen gebeugt, in denen sich der Herbst windgeschützt überdauern lässt.
Gerhard Kofler: Selbstgespräch im Herbst. Soliloquio d?autunno. 40 Gedichte. 40 poesie.
Innsbruck: Haymon 2005. 91 Seiten. EUR 14,90. ISBN 3-85218-490-8.
Helmuth Schönauer, 21-09-2005