Hans Zehsigs, Der liebe Gott und das Fernsehen

Seit das Lesen flächendeckend verbreitet ist, gibt es auch so etwas wie einen Reise-Reader, früher nach dem Verkehrsmittel „Rollwagen“-Büchlein genannt. Eines der bekanntesten dieser Kleinodien stammt vom Elsässer Jörg Wickram aus dem Jahre 1555, dabei geht es um allerhand Schwänke, die man kurz liest, dann schmunzelt man und schaut wieder in die Landschaft.

Hans Zehsigs hat sich dieses leichte Leseverhalten reisender Verlagskunden zu Nutze gemacht und allerlei Schnurren und Sprüche zusammengetragen, die sich meist um das Handwerk des Schreibens, Publizierens oder Fernsehens abspielen.

In der titelgebenden Eingangsgeschichte zieht Gott eine ernüchternde Zwischenbilanz über seine Schöpfung. So wie diese Menschheit mit dem Fernsehen umgeht, hat sie offensichtlich nichts von ihrer Mission verstanden. Zur Überprüfung seines Befundes schickt er einen Engel auf die Erde, der sich unter dem Namen Engel in einem Hotel einmietet.

Was dieser nun im Hotelzimmer auf dem Flachbildschirm als Hotel-Service ansehen muss, unterschreitet jede Kultur und Intelligenz. Vielleicht aber verlangt es geradezu höchste Intelligenz, mit diesem Wissen so ein mieses Programm zu machen, versuchen Gott und sein Engel das Unglaubliche Schöpfungs-logisch zu erklären.

Aus der Abteilung hochwohlgeborener Adel stammt die Geschichte von Kulo, der von einer adeligen Madame in einer ziemlich gewöhnlichen Station auf die Welt gebracht wird. Nur durch einen besonderen Namen kann diese Gewöhnlichkeit geadelt werden, weshalb man das Kind Kulo nennt, eine Mischung aus Kuno und cool. Wie groß ist aber das Erstaunen, als Kulo im späteren Leben in Italien immer ausgelacht und mit seltsamen Handbewegungen um die Stirn bedacht wird. Erst spät merken die Hochwohlgeborenen, dass Kulo auf Italienisch Arsch heißt.

In einem Märchen voller Liebe und daher voller Irrealität prüft eine Prinzessin ihre Heiratskandidaten. Sieger wird schließlich jemand, der es zustande bringt, den dunklen Mond sichtbar zu machen. Es ist das Nachbild, wenn man aus dem hellen Mond wegschaut, das den dunklen Mond sichtbar macht wie die Liebe.

Ein armes Mädchen stirbt schließlich in einem Märchen und hinterlässt nichts auf dieser Welt, als ein kleines Knöchelein. Diese Reliquie aber hat es in sich. Ein Tischler will sich Leim daraus sieden, aber es verklumpt ihm die Hand und er wird arbeitsunfähig, ein Herrgotts-Schnitzer will das Knöchlein in die Skulptur einbauen und schnitzt sich in die Hand, bis er es vor Schmerz nicht mehr aushält.

Erst ein Fleischer weiß mit dem kleinen Knochen umzugehen und verliebt sich in ihn. Freilich packt ihn beim Fressen des Osterbratens die Gier, er verschluckt sich am Knöchlein und stirbt. Gemeinsam mit dem Metzger begraben, findet das Knöchlein seine ewige Ruh.

Hans Zehsigs ironische Plauderein mit alten Stoffen und neuen Medien erheitern das Publikum auf zeitlose Weise, unabhängig von Apps und Wischbewegungen am Display.

Hans Zehsigs, Der liebe Gott und das Fernsehen. Allerley Schnurren und Sprüch‘.
München: Verlag ohne Geld 2013. 103 Seiten. EUR 5,80. ISBN 978-3-943810-03-5.

 

Weiterführender Link:
Verlag ohne Geld: Bücher

 

Helmuth Schönauer, 22-05-2013

Bibliographie

AutorIn

Hans Zehsigs

Buchtitel

Der liebe Gott und das Fernsehen

Erscheinungsort

München

Erscheinungsjahr

2013

Verlag

Verlag ohne Geld

Seitenzahl

103

Preis in EUR

5,80

ISBN

78-3-943810-03-5

Kurzbiographie AutorIn

Hans Zehsigs ist ein Pseuydonym und ein Freund des Verlags ohne Geld.