Henriette Wich, Meine Daily Soap
Eine gute Soap ist so realistisch, dass sie durchaus für das Original gehalten werden kann.
Für die jungerwachsene Janina ist es daher nicht immer klar, was jetzt im Fernsehen abläuft und was im Leben. Jedenfalls will sie Schauspielerin werden, weil sie so vielleicht das Leben selbst spielen kann.
Es folgt eine aufbauende Bildungsgeschichte mit logischen Aufbaumodulen. Mit zittrigen Knien und abschweifender Peristaltik schafft Jasmina die Aufnahmeprüfung und ist plötzlich auf der Schauspielschule. Gerade die klassischen Texte sind ein Horror, die so ein junges Mädchen kaum auf die Bühne zu bringen vermag. Zudem plagen sie ständig Selbstzweifel, ob das wirklich brauchbar ist, was sie da gerade übt und spielt.
Aber auch das schauspielernde Lehrpersonal ist an manchen Tagen recht zickig. Zwischen Mobbing und beinharter Analyse ist oft kein Unterschied. Auch Didaktiker können einen schlechten Tag haben, und wer ihnen dann über die Bühne läuft, ist selber schuld.
Bald einmal wird eine Zwischenprüfung ausgerufen, die den Fortgang des Kurses bestimmt. Nicht schauspielerische Überlegungen manchen diese Prüfung notwendig sondern ökonomische. Das Geld reicht nämlich nur für eine eingeschränkte Zahl an Schülern, die Kunst ist heutzutage nichts anderes als eine einzige Sparmaßnahme.
Janina schafft auch diese Prüfung und lernt, dass es gute Schüler gibt, die im Leben durchsausen, und umgekehrt.
Mehr oder weniger heimlich schaut Jasmina immer die Schnulzenserie "Rosenhof", diese Soap ist der ideale Ausgleich zur hohen Schauspielkunst. Und wie das Leben so spielt, wird gerade eine kleine Rolle frei, und der täglichen Soap ist Tür und Tor geöffnet, denn Jasmina spielt sich selbst und die Story rennt wie am Schnürchen den Set hinunter.
Zu Hause gibt es natürlich große Anerkennung und der Freund vom Set entpuppt sich als echter Freund, den man sogar mit ins Leben nehmen kann. So schön kann Soap sein, wenn es echt ist!
Henriette Wich erzählt unaufdringlich jene Binsenweisheit, dass man im Leben durchhalten muss, wenn man es zu etwas bringen will. Gleichzeitig ist die Ausbildungskurve überraschend offen, und wie bei den Rolling Stones kriegt man eines Tages das, was man braucht, wenn man schon nicht jenes kriegt, was man sich gewünscht hat.
Nicht umsonst heißt die Buchserie, in der dieser Jugendroman erschienen ist "Reality". Denn was ist schon ernst, was ist Spiel? - Der ewige Poker in der Literatur.
Henriette Wich, Meine Daily Soap. Jugendroman. (Ab. 14 J.)
Düsseldorf: Sauerländer Reality 2008. 157 Seiten. EUR 9,90. ISBN 978-3-7941-7067-8.
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Amazon: Henriette Wich, Meine Daily Soap
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