J. W. Ironmonger, Das zufällige Leben der Azalea Lewis

„»Azaleas Zufälle lagen außerhalb alles Messbaren. Sie ließen sich nicht erklären. Zumindest nicht mathematisch. Genau genommen …« Er hebt das Gesicht und die Sonne fängt seine Miene mit einem gleißenden Lichtstrahl ein. » Genau genommen, sind diese Zufälle möglicherweise der Beweis dafür, dass unser Universum nicht das ist, wofür wir es gehalten haben.«“ (35)

Dr. Thomas Post ist Dozent für angewandte Philosophie an der University of London und hat sich auf das Wesen von Zufällen spezialisiert, für die sich in allen Fällen eine gewisse Wahrscheinlichkeit feststellen lassen kann. Thomas Posts wissenschaftlicher Blickwinkel gerät gehörig ins Wanken, als er im Jahr 2011 Azalea Lewis kennenlernt, deren Leben von merkwürdigen Zufällen bestimmt zu sein scheint, die sich dem gewöhnlichen Menschenverstand entziehen.

Als Azalea Lewis, die ebenfalls an der University of London unterrichtet, Hilfe bei Dr. Post sucht, ahnt er noch nicht, dass er sich in sie verlieben wird. Azaleas Leben ist von merkwürdigen Zufällen geprägt. Als sie drei Jahre alt ist, stirbt ihre Mutter am Mitsommertag, Zehn Jahre später sterben ihre Adoptiveltern ebenfalls an einem Mitsommertag und wieder zehn Jahre Später stirbt ihr vermeintlicher Vater auch an einem Mitsommertag. Azalea ist davon überzeugt, dass im Mitsommer des Jahres 2012 nun ihr eigener Tod bevorsteht.

Als Azalea Thomas Post ihre Geschichte erzählt, kommen sich die beiden immer näher und er verliebt sich in die außergewöhnliche Frau, deren Leben von eigenartigen Zufällen geprägt ist. Gleichzeitig beginnt sich jedoch das sichere Fundament seiner wissenschaftlichen Weltbetrachtung zunehmend aufzulösen. In Rückblicken auf das Leben ihrer Mutter Marion Yves und Azalea Lewis‘ Leben mit ihren Adoptiveltern Luke und Rebecca Foley in einer Missionsschule im bürgerkriegsgeschüttelten Uganda.

Im Mittelpunkt dieses außergewöhnlichen Romans für ältere Jugendliche steht die Frage: Besteht unser Leben aus einer Aneinanderreihung von Zufällen oder wird es von einer höheren Macht geregelt und vorherbestimmt? Parallel zu dieser philosophischen Betrachtung über den Sinn des Lebens erleben die Leserinnen und Leser auch das Uganda der 1980er und 1990iger Jahre und werden dabei Zeuge eines Massakers unter dem ugandischen Rebellenführer Joseph Kony.

J. W. Ironmonger überzeugt durch seinen literarischen Erzählstil und seinen komplexen inhaltlichen Aufbau, der durch die zahlreichen Wechsel von räumlichen und zeitlichen Ebenen seinen Leserinnen und Lesern einiges abverlangt. Aber die Mühe lohnt sich, indem sich nach und nach eine erstaunliche und zum Nachdenken anregende Welt der Zufälle oder der Vorbestimmung eröffnet. Ein überaus empfehlenswerter Roman für Jugendlich und Erwachsene, der sowohl durch Inhalt als auch Sprache zu überzeugen weiß.

J. W. Ironmonger, Das zufällige Leben der Azalea Lewis. Übers. v. Heinrich Koop / Franca Fritz [Orig. Titel: The Coincidence Authority], ab 16 Jahren
Bindlach: Loewe Verlag Script5 2015, 432 Seiten, 19,50 €, ISBN 978-3-7855-8332-6

 

Weiterführender Link:
Script5: J. W. Ironmonger, Das zufällige Leben der Azalea Lewis

 

Andreas Markt-Huter, 03-07-2016

Bibliographie

AutorIn

J. W. Ironmonger

Buchtitel

Das zufällige Leben der Azalea Lewis

Originaltitel

The Coincidence Authority

Erscheinungsort

Bindlach

Erscheinungsjahr

2015

Verlag

Loewe Verlag

Übersetzung

Heinrich Koop / Franca Fritz

Seitenzahl

432

Preis in EUR

19,50

ISBN

978-3-7855-8332-6

Lesealter

Zielgruppe

Kurzbiographie AutorIn

J. W. Ironmonger wurde in Ostafrika geboren, wo er aufwuchs. Er studierte Zoologie, wo er promovierte. Außerdem hat er mit seinem Team den Weltrekord im Shakespeare-Schnelllesen aufgestellt und die Sahara in einer alten Klapperkiste durchquert.