Traudi Reich, Das Einhorn auf Spurensuche

„Man sieht sie in lieblichen Gärten mit ebenso lieblichen Mädchen, blumenbekränzt auf berühmten Wandteppichen und in Märchenbüchern. Aber diese Einhörner gehören der Vergangenheit an, einer Zeit, in der es noch Blumen und Bäume gab, Wiesen und Wasser, vor allem Wasser.“ (5)

Die Geschichte vom Einhorn, das sich auf die Suche nach anderen Einhörnern macht, spielt in einer düsteren Zukunft, in der die Erde durch den Raubbau des Menschen zu einer öden Wüste verkommen ist.

Das einsame Einhorn lebt in einer unwirtlichen Wüste, in der nur alle paar Jahre einmal Regen fällt. Es teilt sich seinen Lebensraum mit einem Baum, dem einzigen Lebeweisen weit und breit außer ihm. Eines Tages flüstert der Wind dem Einhorn zu, dass es vielleicht ein anderes Einhorn geben könnte „Drüben“. Während die Freundschaft des Einhorns zum Baum immer enger wird, wächst auch die Sehnsucht, in der Ferne ein anderes Einhorn zu finden. Bis sich das Einhorn schweren Herzens und gestärkt durch die Hilfe des Windes auf den Weg durch die Wüste macht.

Die Wanderung durch die unbarmherzige Hitze der Wüste fällt dem Einhorn schwer, bis ihm schließlich drei seltsame, verhüllte menschliche Gestalten begegnen. Ohne ein Wort zu sagen, weisen die Figuren mit ihren Köpfen  dem Einhorn den Weg. Als es in eine Schlucht gelangt, in der ein steiler Hang ein Weiterkommen verhindert, verliert es seinen Mut. Nur dem Wind gelingt es, dem Einhorn wieder Mut zu machen.

Er musste dorthin, woher er gekommen war – zurück. „Mut, Mut“, lispelte der Wind, „man kann alles, wenn man nur will! Hinter dem Berg, du wirst sehen, du wirst sehen …“ Mehr sagte es nicht, und nach einem zärtlichen Hauch um die Nüstern des Einhorns blies er davon. (17)

Das Einhorn gelangt durch eine Höhle und sieht an deren Ausgang zum ersten Mal eine dunkle Wolke. Als es zu einem schwarzen See kommt und trinken will, hält ihn der Wind noch rechtzeitig vor dem tödlichen Vorhaben ab. Nach langer Wanderung trifft das Einhorn endlich auf ein anderes Lebewesen, eine Echse. Gemeinsam setzen sie die Wanderung fort auf der sie schließlich eine Gazelle, einen Lemuren und am Ende einen Löwen treffen. Aber nur das Einhorn allein, versteht es die Ratschläge des Windes zu verstehen, um an ihr Ziel zu kommen: ein Land wo es Wasser gibt und andere Tiere ihrer Art leben.

Traudi Reich-Portisch erzählt eine sehnsuchtsvolle Parabel über die Hoffnung selbst in düsterster Zeit und den Mut und die Ausdauer, trotz größter Aussichtslosigkeit seinen Weg weiterzugehen. Es ist eine Geschichte vom Verlassen werden und von der Einsamkeit, in der kleinen, unscheinbaren Dinge und Gesten von großer Bedeutung sind. Es ist aber auch eine Geschichte von der Kraft der Treue und Zuneigung sowie Hilfe für andere in schwierigen Zeiten, wobei die Ruhe und Einsamkeit der Wüste wie eine Melodie ständig mitschwingen. Ein schönes und empfehlenswertes Buch das zum Nachdenken und Träumen einlädt.

Traudi Reich, Das Einhorn auf Spurensuche. Ill. v. Annika Siems, ab 12 Jahren
Innsbruck: Obelisk-Verlag 2013, 160 Seiten, 12,95 €, ISBN 978-3-85197-690-8

 

Weiterführender Links:
Obelisk-Verlag: Traudi Reich-Portisch, Das Einhorn auf Spurensuche

 

Andreas Markt-Huter, 13-08-2013

Bibliographie

AutorIn

Traudi Reich

Buchtitel

Das Einhorn auf Spurensuche

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2013

Verlag

Obelisk-Verlag

Illustration

Annika Siems

Seitenzahl

160

Preis in EUR

12,95

ISBN

978-3-85197-690-8

Lesealter

Zielgruppe

Kurzbiographie AutorIn

Gertraude Reich-Portisch ist in Wien aufgewachsen und geboren. Sie lebte viele Jahre in England und schreibt heute in Wien und in der Toskana. Sie ist verheiratet mit dem bekannten Journalisten Hugo Portisch, ihr Sohn ist als Maler tätig.