Yves Coppens, Unsere Vorgeschichte

„Aber die Menschen schmücken sich nicht nur und verzieren Gebrauchsgegenstände, sondern sie singen auch und begleiten sich dabei auf Musikinstrumenten. Hörner und Pfeifen gib es möglicherweise seit fast 100.000 Jahren, Flöten […] seit mindestens 35.000 Jahren.“

Der berühmte französische Paläontologe Yves Coppens zeichnet den spannenden Weg des Menschen in die Kunst und Kultur nach und bringt sie einem jungen Publikum auf anschauliche Weise näher. Dabei verzichtet Coppens auf seiner Reise durch mehr als 2 Millionen Jahre Kunst- und Kulturgeschichte auf eine strenge chronologische Vorgehensweise sondern nähert sich dem Thema exemplarisch durch zahlreiche Funde aus den verschiedensten Regionen der Erde an.

Einen ersten Ausdruck von Kunst und Kultur finden wir bei der Produktion von Werkzeugen und Gebrauchsgegenständen aus Stein, wo sich allmählich bestimmte Formen herauskristallisieren, die über die Zeiten beibehalten werden. Das Rohmaterial für die Werkzeugherstellung wird sorgfältig ausgewählt und verarbeitet, wie sich aus Hinweisen der 2,3 Millionen Jahre alten Fundstätte Lokalelei nachweisen lässt.

Anhand der 500.000 Jahre alten Fundstätte Saint Acheul bei Amiens in Frankreich kann wiederum gezeigt werden, wie der Mensch die Symmetrie entdeckt. Andere Fundorte geben wieder Zeugnis für den Sinn des Menschen nach zweckfreier Schönheit und Harmonie, wie z.B. zahlreiche Schmuckgegenstände aber auch frühe Musikinstrumente wie z.B. Hörner, Flöten oder Litophone, frühe Formen des Xylophons.

Als weiteres Kennzeichen menschlicher Kultur gilt die Vorstellung eines Jenseits, die bei der Bestattung von Toten zum Ausdruck kommt. Als eine der ältesten Nachweise für rituelle Begräbnisse gilt der 300.000 Jahre alte „Begräbnisbrunnen von Sima de Los Huesos“ in Spanien, wo mehr als 3.500 Neandertaler-Knochen gefunden worden sind.

Neben den Grabstätten sind die Wandmalereien der Steinzeit besonders beeindruckende Zeugnisse menschlicher Kultur.

Vor 50.000 Jahren ungefähr überschreitet der Homo Sapiens eine neue Bewusstseinsschwelle in der Wahrnehmung von Formen. Er schmückt jetzt nicht mehr nur Gebrauchsgegenstände wie Werkzeuge und Waffen, sondern  schafft eigenständige Skulpturen und bildet Tiere aus seiner Lebenswelt und sich selbst auf festen oder tragbaren Unterlagen ab.

Ein weiteres Feld der kulturellen Entwicklung stellen die architektonischen Leistungen der frühen Menschen dar wie z.B. Megalithbauten, erste Städte und Festungen. Aber auch die Entwicklung der Keramik und der Metallverarbeitung bilden eine weiteren großen Schritt in der Entwicklung der menschlichen Kultur der Vorgeschichte, der in der Entstehung der Schrift ihren abschließenden Höhepunkt findet.

Yves Coppens nimmt die jungen Leserinnen und Leser mit auf eine aufregende Reise durch die menschliche Kultur, an deren Beginn unsere Vorfahren wie Homo Erectus oder die Neandertaler stehen und die bis in den Beginn der schriftlich überlieferten Geschichte der Menschheit reichen. Sacha Gepper überzeugt mit seinen ausdrucksstarken Illustrationen, die uns die einzelnen Informationen anschaulich näher bringen.

Coppens herausragendes Fachwissen weiß dabei nicht nur junge Leserinnen und Leser zu begeistern, sondern bietet auch Erwachsenen einen hervorragenden Einblick in die Kulturentwicklung der Ur- und Frühgeschichte. „Unsere Vorgeschichte“ zeigt, wie spannend Wissenschaft zum lesen, auch abseits von Filmdokumentationen, sein kann. Ein Buch das in keiner Bibliothek fehlen sollte.

Yves Coppens, Unsere Vorgeschichte. Der Weg des Menschen in die Kultur, Übers. v. Ilse Rothfuss, [Orig. La nascita delle arti e del sacro] ill. v. Sacha Gepner, ab 10 Jahren
Berlin: Hanser-Verlag 2012, 64 Seiten, 18,40 €, ISBN 978-3-446-23844-2

 

Weiterführende Links:
Hanser-Verlag: Yves Coppens, Unsere Vorgeschichte
Wikipedia: Yves Coppens

 

Andreas Markt-Huter, 15-11-2012

Bibliographie

AutorIn

Yves Coppens

Buchtitel

Unsere Vorgeschichte. Der Weg des Menschen in die Kultur

Originaltitel

La nascita delle arti e del sacro

Erscheinungsort

Berlin

Erscheinungsjahr

2012

Verlag

Hanser-Verlag

Illustration

Sacha Gepner

Übersetzung

Ilse Rothfuss

Seitenzahl

64

Preis in EUR

18,40

ISBN

978-3-446-23844-2

Lesealter

Altersangabe Verlag

10

Zielgruppe

Kurzbiographie AutorIn

Yves Coppens ist der große alte Mann der französischen Paläontologie. Er war Professor am Collège de France und Mitentdecker des Australopithecus-Mädchens Lucy.