Werner J. Egli , Without A Horse

Buch-CoverVielleicht ist Amerika bloß ein Stück gesellschaftlicher Steppe und der Sinn des Lebens besteht darin, mit Pferden gut auszukommen und zu überleben.

Eine Frau tritt breitbeinig wie in einem Western auf, mitten in der Wüste liegt ein kleiner Ort, der bloß aus einer Ampel besteht, deren Lichtherz verlässlich schlägt. Von dieser Szene ausgehend tut sich bald einmal der Roman nach vorne und nach hinten auf.

Naima hat sich den Tarnnamen Petra zugelegt und will ihren jüngeren Bruder rächen, der bei CIA-Verhören umgekommen ist. Die Familie der Rächerin und des Opfers sind kosmopolitisch, Mutter Irakerin, Vater Deutscher, Geburtsort Kairo, Spionageeinsatz Jemen und Racheort die Wüste von Amerika.

Aber auch sexuell ist Naima mannigfaltig angelegt, nach einem mexikanischen Vorspiel mit einer Freundin geht es illegal über die Grenze nach Amerika, wo sich ab und zu ein Ritt nicht nur auf dem Pferd ausgeht. Endlich taucht der verhasste CIA-Folterer auf, auch er hat einen Tarnnamen und eine doppelte Identität. Vor allem ist es heiß und sogar der Erzählfluss im Roman schmort ab und zu durch.

Ich gehe zur Anhöhe hinauf und setze mich auf die oberste Stange eines Zaunes. Ich betrachte die Pferde, ohne sie wirklich zu sehen. Sie sehen mich, aber sie interessieren sich nicht für mich. (147)

Es gibt Ausritte und Annäherungen und es kommt wie es in der Literatur unbarmherzig kommen muss, die Rächerin verliebt sich in ihren Feind, statt der Kugeln aus dem Revolver gibt es die Munition der Liebe.

Bei einem Ausflug „ohne Pferd“ kommen die beiden wieder an die Grenze und beobachten, wie die einheimischen Boys Illegale aus Mexiko töten. Töten kann man nur lernen, indem man es tut, heißt es. Die Rächerin kommt ganz schön ins schwitzen, als sie beim echten Sterben dabei sein muss.

Gute Romane haben immer auch eine unsterblich schöne, unvergessliche Szene. Hier ist es vielleicht der Mann, der vom Wohnmobil ins Gebüsch geht um zu scheißen. Während er hinten sein Geschäft erledigt, schaut er vorne durch das Fernglas.

Er scheißt und beobachtet gleichzeitig die Grenze. Es ist etwa elf Uhr am Morgen. Die Schatten sind schmal geworden, das Licht der Sonne weiß glühend. (94)

Fast täglich ruft Naima ihre Mutter in Europa an, um über den Fortgang des Rachefeldzuges zu berichten. Je mehr sich der Hass in Worte kleiden lässt, umso wirkungsloser wird er. Und das Ende ist so, dass man es als Leser ahnt, aber nicht verrät.

Werner J. Egli hat einen bestechend trockenen politischen Roman im Stile eines Ride-Movie geschrieben. Die internationalen Verstrickungen und scheinbar unlogischen Verhaltensmuster werden herunter gebrochen auf das Duell Mann / Frau. Jeweils völlig auf sich allein gestellt, bleibt den beiden Protagonisten nur noch das eine übrig: den Hormonen freien Lauf zu geben und sich zu lieben.

Die großen Tugenden der abendländischen Kultur, die globalen Kriegsgeschäfte und die butterwarmen Floskeln der Politik enden am Grenzzaun in der Wüste Amerikas. Auf dem Pferd sitzend ist die Welt völlig klar, aber wie funktioniert dieser amerikanische Traum „without a horse“?

Werner J. Egli, Without A Horse. Roman.
Innsbruck: Kyrene 2006. 191 Seiten. EUR 20,50. ISBN 978-3-900009-26-7


Weiterführende Links:
Kyrene-Verlag: Bücher
Wikipedia: Werner J. Egli

 

Helmuth Schönauer, 12-03-2007

Bibliographie

AutorIn

Werner J. Egli

Buchtitel

Without A Horse

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2006

Verlag

Kyrene

Seitenzahl

191

Preis in EUR

20,50

ISBN

978-3-900009-26-7

Kurzbiographie AutorIn

Werner J. Egli, geb. 1943 in Luzern, lebt in Tucson/USA und Zürich.

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