Axel Karner, Vom ersten Durchblick

Buch-CoverAn schaurigen Orten kriminellen Geschehens wird oft eine Gedenktafel aufgestellt, auf der in heftig blutigen Sätzen der Ablauf des Verbrechens im Inschriften-Stil dokumentiert wird.

Axel Karner gibt seinen Kriminalgeschichten äußerlich die Gestalt von Mahnmalen, in Blockbuchstaben läuft der kurze Text jeweils über die Seite und erinnert an Marterlen, auf denen bemerkenswerte Skurrilitäten verzeichnet sind.

Dabei sind die gut vierzig Geschichten wie in einer Kriminalsammlung zu Zyklen zuammengefasst. Ein etwas verstörter Kommissar K OTT und sein Adlatus MACHMUT sind scheinbar in privater Ermittlung unterwegs, als sie immer wieder auf Leichen stoßen, die in einem fast sakralen Ambiente ausgelegt sind. Gleich zu Beginn etwa liegt jemand wie eine Krippen-Installation unterm Weihnachtsbaum und gibt der ganzen "Weihnachterei" einen letalen Touch. Leicht schleißig ausgesprochen gibt ja auch der Name des Kommissars schon einen Hinweis, in alpinen Gegenden spricht man beispielsweise Gott durchgehend wie "Kott" aus.

Die morbide Stadt Wien liefert den Hintergrund für raunzerische Fälle, die meist in der Gastronomie angesiedelt sind. Nicht nur das Fressen selbst kann tödlich sein, auch diese absurd schwere Beisl-Kultur führt stracks in den Tod, wenn man sich nicht zwischendurch zurücknimmt. Und selbstverständlich wird alles mit dem goldenen Humor des fetten Wienerherzens ausgeschmückt. "Wenn es ums Scheißen geht, hat noch ein jeder sein Arschloch aufreißen müssen, sagte er larmoyant." (29)

Liebe und Tod liegen in der forensischen Motivationskunde oft auf einer Ebene. Im Kapitel vom "Geliebten Mörder" schießen denn auch Liebesbeweise oft über das Ziel hinaus und landen als Projektil im Kopf des Partners.

Axel Karners Geschichten haben manchmal etwas Erbauliches der süffisanten Art an sich, der moralisierende Zeigefinger bricht dabei lustvoll ab, noch während er ausgepackt wird. Was bleibt sind bis auf ein Sprichwort verkürzte Dialoge oder Gedankenspiralen. Das Leben ist durchaus lebensgefährlich, sobald man es in die Hand nimmt. Und die Aufklärung der Fälle bleibt meist an der Oberfläche hängen, denn das Tiefe der menschlichen und vor allem Wiener Seele, ist kaum zu durchschauen.

So erklärt sich vielleicht dieser wundersame Buchtitel vom ersten Durchblick des Gewebes am zehnten November und danach. Genau genommen lässt sich nur das Datum definitiv bestimmen, das Gewebe selbst bleibt rätselhaft und Dechiffrierungsversuche gehen ins Leere. - Kriminalgeschichten der philosophisch sarkastischen Art!

Axel Karner, Vom ersten Durchblick des Gewebes am zehnten November und danach. Kriminalgeschichten.
Weitra: Bibliothek der Provinz 2007. 57 Seiten. EUR15,-. ISBN 978-3-85252-838-0.

 

Weiterführende Links:
Bibliothek der Provinz: Axel Karner, Vom ersten Durchblick

 

Helmuth Schönauer, 28-12-2007

Bibliographie

AutorIn

Axel Karner

Buchtitel

Vom ersten Durchblick des Gewebes am zehnten November und danach

Erscheinungsort

Weitra

Erscheinungsjahr

2007

Verlag

Bibliothek der Provinz

Seitenzahl

57

Preis in EUR

15,00

ISBN

978-3-85252-838-0

Kurzbiographie AutorIn

Axel Karner, geb. 1955 in Zlan, lebt in Wien.