Egyd Gstättner, Feine Fallrückzieher

Buch-CoverMit so einem Namen, kannst du nur ein Star auf dem Fußballfeld werden. - Ziemlich sarkastisch weist der Autor mit seinem kühnen Vergleich auf die Ähnlichkeit seines Namens mit einer "Gstetten" hin, wie ein Fußballfeld niedriger Qualität gerne genannt wird.

Unter dem schmeichelhaften Titel "Die Nummer eins" wird erzählt, wie Halbwüchsige und Heranwachsende Fußball spielen, wobei sich die Mannschaften das Tor immer imaginär und die Querlatte in Augenhöhe des Tormanns vorzustellen haben.

Ehrensache, dass sich der Erzähler im Tor daher immer duckt, um so eine niedrige Querlatte zu imaginieren. Und Ehrensache, dass er so die Nummer eins wird.

Nach diesem eleganten Anpfiff der Satiren- und Glossensammlung geht es stracks in internationale Beziehungen hinein. Österreich spielt kühn gegen die wichtigsten Mannschaften der Weltgeschichte, und der Spielwitz wird dabei mehr den historischen Erfordernissen internationaler Beziehungen angepasst als den Fußballtechnischen Grunderfordernissen.

So gibt es zwar gegen jede Nationalmannschaft eine Niederlage, aber dafür eine umso herzigere Geschichte. Im Match gegen Holland werden die Erbfolgekriege mit den Niederlanden dargestellt, Schottland artet sprachlich zu einer Pflichtniederlage aus, denn wo ein Pflichtsieg gefordert wird, gibt es automatisch eine Pflichtniederlage, und in der Auseinandersetzung mit der Türkei wird im Strafraum eindringlich der eigenen Belagerung gedacht, bis das Spiel aus ist.

Mit dem Gestus historischer Auseinandersetzungen erzählt, geraten diese meist mittelmäßigen Länderspiele zu großen Verbalschlachten, in denen den Lesern sprachlich voll eingeschenkt und ihnen nichts geschenkt wird.

In den folgenden Kapiteln spielen große Stadien und große Namen die Hauptrolle. Dabei stellt sich meist heraus, dass in der Fußballwelt alles auf Mythos, Trick, Täuschen und geheimes Foul aufgebaut ist.

Einwürfe dienen nicht nur dazu, den Ball wieder in das Spielfeld zu werfen, sprachlich gesehen sind sie eine eigene Kunstgattung, in welcher der Gegner durch Rempeln und Umklammern meist aus der Fassung gebracht wird. Die Einwürfe "Auf der Flucht vor DJ Ötzi" oder "In der Verrichtungsbox" haben nur am Rande mit Fußball zu tun, aber die Sprache entgleist nicht nur im Sport, so soll DJ Ötzi in Wirklichkeit ein geheimnisvoller Pferdejockey sein, der zwischendurch wie Handke an dem Fetten würgt, das Heimat genannt wird.

Mit semantisch gut aufgemotzten Unwörtern wie Ehren-Ankick, der erste Gegner, Teamchef kontra Bundestrainer geht es mit kühnen Sprüngen stracks hinein in die anstehende EURO 2008, die sicher mit den feinsten sprachlichen Fallrückziehern über die Bühne gehen wird.

Ein Glossar aller handelnden oder im Strafraum herumstehenden Personen beendet dieses grandiose Fußballmosaik, das aus diversen Glossen-Steinchen der Jahre 2001 bis 2008 zusammengesetzt ist. - Ein eleganter Reader, um den feinen Sprachwitz österreichischer Fußballkommentare aus dem Brachialsound des Universaljournalismus herauszuhören.

Egyd Gstättner, Feine Fallrückzieher. Kleine Fußball-Kunststücke.
Wien: Pichler Verlag 2008. 240 Seiten. EUR 19,90. ISBN 978-3-85431-455-4.

 

Weiterführende Links:
Homepage: Egyd Gstättner

 

Helmuth Schönauer, 26-03-2008

Bibliographie

AutorIn

Egyd Gstättner

Buchtitel

Feine Fallrückzieher. Kleine Fußball-Kunststücke

Erscheinungsort

Wien

Erscheinungsjahr

2008

Verlag

Pichler Verlag

Seitenzahl

240

Preis in EUR

19,90

ISBN

978-3-85431-455-4

Kurzbiographie AutorIn

Egyd Gstättner, geb. 1962 in Klagenfurt, lebt in Klagenfurt.