Wolfgang Pollanz (Hrsg.), Glänzendes Graz

Buch-CoverWenn jene Generation, welche üblicherweise nicht in der Stadtregierung vertreten ist, über die Heimatstadt literarisch zu flunkern beginnt, dann fliegen die Funken. So auch im wunderschönen Kompliment-Buch glänzendes Graz.

In einer Fußnote gibt es den Hinweis, dass "engl. gay auf deutsch glänzend, bunt oder homosexuell" heißen kann. (29) Diese Annotation zeigt in Kurzform, wie Graz im Lichte junger Autorinnen und Autoren glänzt.

Lilly Jäckl stellt in der Eingangsgeschichte die übliche Geographie auf den Kopf, Graz liegt an der Elbe, irgendwo in der Murfurche kreuzen sich Elemente Usbekistans mit alpin heimischen Biotopen, die Stadt Graz glänzt an allen Ecken und Enden, kurzum, das Paradies, wie es von aufräumenden Reden diverser Politiker ins Auge gefasst wird, ist eingetreten.

Georg Petz schließt an diesen Glanz mit sogenannter Antimaterie an, indem er beschreibt, wie sich der Dreck auf seiner Loggia alphabetisch geordnet entwickelt.

Aus der Ferne wirkt Graz vielleicht wie eine geheime Gay-Town, meint Sarah Foetschl.

Graz als "Überbleibsl", Graz kindisch, Graz in fünf Novelletten, stellen sich als freche Zugänge zur Realität heraus, die einem Prospekt der Wahrheit ziemlich nahe kommen.

Andrea Stift traut dem Beschreibungsfrieden nicht, vermutlich wird alles schon verfälscht beschrieben sein, was es über Graz zu sagen gibt. Aus diesem Grund stellt sie einem sinnlosen Gespräch, wie es vielleicht auf einem der schönsten Spazierwege von Graz ablaufen könnte, die harte Sprache der Nutten-Realität entgegen. Aus Originalzitaten mehr oder weniger zufriedener Sexkunden wird die Uhrturm-Stadt hormonall aufgerollt.

Aus dem Mythos Kulturhauptstadt entwickelt Andreas Unterweger schließlich eine wahre Tragödie um das Klavier Udo Jürgens.

Der Herausgeber Wolfgang Pollanz hat diese spitzen Zugänge zu Graz beinahe kommentarlos abgewickelt, in einem Nachspann sind die Biographien der Künstlerinnen aufgeführt. Ein kleiner Dank am Vorblatt wirkt wie ein literarisches Programm, welches Autoren ihrem Stoff gegenüber semi-religiös zelebrieren.

Special thanks to the town of Graz / for beeing the town of Graz.

Elegant komponiert, authentisch, schön, wir Leser werden wohl bald komplett in Graz vor der Stadttüre stehen! Und wehe, es ist nicht so, wie in diesem witzigen Buch beschrieben.

Wolfgang Pollanz (Hg.), Glänzendes Graz.
Wies: Kürbis 2008. 91 Seiten. EUR 14,90. ISBN 978-3-900965-35-8.

 

Helmuth Schönauer, 02-09-2008

Bibliographie

AutorIn

Wolfgang Pollanz

Buchtitel

Glänzendes Graz

Erscheinungsort

Wies

Erscheinungsjahr

2008

Verlag

Kürbis

Herausgeber

Wolfgang Pollanz

Seitenzahl

91

Preis in EUR

14,90

ISBN

978-3-900965-35-8

Kurzbiographie AutorIn

Wolfgang Pollanz, geb. 1954 in Graz, lebt in Wies.