Peter Oberdorfer, Kreuzigers Tod

Buch-CoverEine mörderische Gegend zieht manchmal mörderisches Sozialverhalten nach sich, da kann schon einmal ein Mord passieren. Dennoch ist der Dorfpolizist als Ich-Erzähler ziemlich erstaunt, als ihn sein Untergebener Engel verständigt, dass es Mordalarm gibt.

Die Polizei im österreichischen Gebirgsland ist ähnlich aufgestellt wie die Bevölkerung, der Ich-Erzähler hat nach oben hin den unangenehmen Gschnitzer vorgesetzt, der ihn ständig auflaufen lässt, nach unten hin gibt es den Unterläufel Engel, der vor allem für Wurstsemmeln und Botengänge zuständig ist.

Im Wald liegt Kreuziger, eine Axt im Kopf, lupenreiner Mord. Kreuziger ist nicht irgendwer, sondern der Sohn des ehemaligen Bürgermeisters, der gerade in der Nazi-Zeit durchaus für Säuberungen bekannt war und behinderte Kinder wegbringen lassen hat. Jeder Mord im Gebirge ist schwer aufzuklären, weil die Bewohner seltsam mit einander verstrickt sind, zudem liegt über solchen Dörfern immer gnadenloses Schweigen.

Der erzählende Polizist geht verschiedenen Spuren nach, befragt den alten Kreuziger, die Verwandten, einen skurrilen Einsiedler, der als Maler im Wald seine Motive sucht, die Ermittlungen drehen sich im Kreis und gleichen dabei Führungen durch ein archaisch aufgestelltes Sozialwesen. Da die Figuren kaum eine passende Sprache für ihre Erlebnisse haben, wird  vieles über Andeutungen, Symbole und Rituale vermittelt. Vorschnell werden ein paar Lausbuben in ihrer Waldhütte verdächtigt, beim Polizei-Einsatz werden zwei Buben erschossen.

Als der Fall stockt, gerät sogar der ermittelnde Berichterstatter in Verdacht, denn der typische Vorgesetzte im Gebirge hat nichts anderes im Sinn als seinen Untergebenen eins auszuwischen.

Wenn es schon keine Sprache für Geständnisse gibt, dann hilft vielleicht Gewalt. In einem absurden Befreiungsschlag verhören die beiden niedrigen Chargen des Polizeigefüges die Verdächtigen und zertrümmern schon mal einer alten Frau das Gebiss, in der Hoffnung, dass sie "es" dann ausspuckt.

Die Lösung des Falles kommt schließlich durch Alkohol zu Tage und ist verblüffend einfach.

Ich trank einiges. In einer unerträglichen Situation ist der Alkohol ein Mittel, auf das man zurückgreifen kann. Er löst zwar das Problem nicht, entstellt es aber wenigstens bis zur Unkenntlichkeit. (271)

Peter Oberdorfers Roman ist auf der ersten Ebene ein grob ausgesteckter Krimi, in dem es Opfer, Verdächtige und Irrwege der Ermittlung gibt. Auf der zweiten Ebene handelt es sich freilich um ein subtiles Soziogramm, wie Menschen auf engstem Raum archaisch verknotet ihre eigenbrötlerischen Wege gehen und letztlich keinen Ausweg aus dem eigenen Leben finden. Die skurrilen Ausbruchsversuche sind manchmal überschnappend witzig, aber generell lernt man als Leser, dass es in so einer Berggegend nichts zum Lachen gibt. - Ein feiner Krimi mit philosophischer Eleganz!

Peter Oberdorfer, Kreuzigers Tod. Kriminalroman.
München: dtv 2008. ( = dtv 21065). 271 Seiten. EUR 8,90. ISBN 978-3-423-21065-2.

 

Weiterführender Link:
dtv-Verlag: Peter Oberdorfer, Kreuzigers Tod

 

Helmuth Schönauer 11-10-2008

Bibliographie

AutorIn

Peter Oberdorfer

Buchtitel

Kreuzigers Tod

Erscheinungsort

München

Erscheinungsjahr

2008

Verlag

dtv

Seitenzahl

271

Preis in EUR

8,90

ISBN

978-3-423-21065-2

Kurzbiographie AutorIn

Peter Oberdorfer, geb. 1971 in Innsbruck, lebt in Thailand.

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