Leopold Maurer, Miller & Pynchon
Erste Überraschung: Miller und Pynchon sind eigenständige Kunstfiguren, die sich bloß aus Schicksalsgläubigkeit heraus die großen Namen amerikanischer Schriftsteller geliehen haben, zweite Überraschung: es gibt mehr zu sehen als zu lesen, denn bei Miller & Pynchon handelt es sich um einen Comics-Roman.
Miller und Pynchon sind Landvermesser, Kafka schau' herunter, und haben einen verrückt einfachen Auftrag, sie müssen eine Demarkationslinie zwischen Nord und Süd vermessen.
Ihre Arbeitsmoral ist unterschiedlich, während Pynchon unter seinem Hut heraus sehr amtseifrig heraus plärrt, schlägt der glatzköpfige Miller ständig Pausen vor. Und in den zwanzig Abenteuern, die es zu bestehen gilt, geht es tatsächlich immer auch darum, ob man nicht eine Pause machen soll.
Pynchon hat seine Frau verloren, und weint bei jeder Gelegenheit um sie, sie ist übrigens bei einer Käseschau von einem Überlaib-großen Schaustück überrollt worden, Miller hingegen wird bei Vollmond zu einem Wolf, in manchen Nächten heulen beide um die Wette.
Die Abenteuer ergeben sich bei der Arbeit, wer ordentlich arbeitet, ist nämlich immer in Gefahr.
Einmal werden den beiden in einer Badepause die Kleider gestohlen, so dass sie in ihrer Nacktheit wegen Erregung von Ärgernissen eingesperrt werden, dann wiederum will ein sogenanntes Kanalkrokodil eine Führung durch die lichte Oberwelt, als einmal zwei Bodyguards gebraucht werden, heißen sie fast logisch Thomas und Bernhard.
Mittendrin heißt es, die Messlatte zusammenklappen und nach Südafrika fahren, dort soll nämlich ein Jahrhundertereignis vermessen werden, der Venusdurchgang, der die Geschichte der Menschheit entscheidend beeinflussen wird.
Die kosmische Zeit überschattet die Arbeit der Beiden, so ist es kein Wunder, dass die verstorbene Mutter stets zu Pynchon in die Badewanne steigt, sobald dieser den Hut gegen die Badehaube vertauscht.
Leopold Maurer zeichnet und dichtet wie irre, um diese Auflösung von Zeit, Raum und Logik in dieser Stringenz unterzubringen. Alle gängigen Literaturmuster werden angesprochen und an ihr wahres Ende gebracht, in jenen idealen Zustand, wo Fiktion endgültig zur Realität wird.
Und zwischendurch ist dieser "Arbeits-Roman" durchaus auch eine Hilfe für den Alltag. Denn wir alle kennen diese Szenen aus der Arbeitswelt, in denen keine Anleitung und kein Sinn mehr helfen sondern nur die gezeichnete Szenerie vollkommener Fiktion. - Wunderbar!
Leopold Maurer, Miller & Pynchon.
Wien: Luftschacht 2009. 174 Seiten. EUR 21,-. ISBN 978-3-902373-41-0.
Weiterführende Links:
Luftschacht-Literaturverlag: Leopold Maurer, Miller & Pynchon