Alek Popov, Für Fortgeschrittene

Buch-CoverHaben Zeugungsversuche im Weltraum Auswirkungen auf die Erde? - Bei Alek Popov gewiss! Je absurder nämlich die Geschichten angelegt sind, umso mehr erfahren wir über die sogenannte logische, rechtwinklige Realität.

In der Weltraumgeschichte, Der Fall Anjuta (71), wird der kalte Krieg in den Weltraum getragen. Russische Agentinnen werden angeworben und nach Erledigung der Aufgabe liquidiert.

Für Anjuta hat man einen heiklen Fall ausgesucht, sie soll mit einem amerikanischen Potenzprotz im Weltraum ein Kind zeugen. Da sie aber so stark behaart ist, dass dem amerikanischen Potenzwunder jegliche Lust vergeht, wird sie ausgetauscht und nach Sibirien geschickt, wo sie sich unauffällig vermehrt. Die Geschichte springt schroff mit der Menschenwürde um, die Politik auf höchster Ebene verschlingt ihre Untertanen und Agenten.

Auch sonst sind die erzählten Fälle auf den ersten Blick grotesk und enthüllen dann jeweils eine recht unsoziale Moral. Nach einem ausführlichen E-Mail-Verkehr mit einer Russin kommt es schließlich zum Rendezvous. Wie groß ist aber das Erstaunen des ehelichen Fremdgängers, als statt der E-Mail-Geliebten deren Vater kommt, weil er sich in der Stadt ein paar fröhliche Tage gönnen will.

Unter der Themse-Brücke in London kommt es zum Schauliegen. Obdachlose werden mit Geld geködert, möglichst verwahrlost schau zu liegen, damit für die Touristen auf der anderen Seite des Ufers ein Klischee in Erfüllung geht.

In diesem Stile geht es durch die Geschichten-Sammlung. Ein Enthauptungsspezialist bietet seine Dienste an, ein Stipendiat weiß bis zum Schluss nicht worum es geht, außer dass er sich jeden Tag ansaufen muss, eine gigantische Bombe wartet auf die Zündung, wenn jemand das Losungswort Ninive eintippt, fliegt die Erde in die Luft.

In der Titel gebenden Erzählung "Für Fortgeschrittene" plagen sich an der Volkshochschule ein paar Sprachschüler um den Erwerb einer fremden Sprache. Obwohl der Kurs für Fortgeschrittene ausgeschrieben ist, blockiert eine Anfängerin den ganzen Lehrgang. Jemand muss mit ihr reden, heißt es. Doch am nächsten Tag ist sie tot. Das Gespräch ist wohl zu heftig ausgefallen.

Jemand klaubt ein Stück Nachricht auf und ist schon Mitglied beim Geheimdienst, ein anderer Held kriegt den Auftrag, eine x-beliebige Person zu liquidieren. In die Provinz kommt Derrida um die Gesellschaft endlich zu dekonstruieren, ein Übersetzer stirbt überm Text des Erzählers.

Alex Popov erzählt das Ungeheuere, das hinter den scheinbar kleinen Nachrichten im Chronik-Teil der Zeitung liegt. Allmählich kommt uns Lesern das Absurde völlig normal vor, weshalb wir die scheinbar normale Welt nach dieser Lektüre für verrückt halten. Eine wunderbare Aufklärung der wahren Zusammenhänge!

Alek Popov, Für Fortgeschrittene. A. d. Bulgar. von Alexander Sitzmann.
St. Pölten: Residenz 2009. 282 Seiten. EUR 22,90. ISBN 978-3-7017-1525-1.

 

Weiterführende Links:
Residenz-Verlag: Alek Popov, Für Fortgeschrittene
Homepage: Alek Popov

 

Helmuth Schönauer, 01-11-2009

Bibliographie

AutorIn

Alek Popov

Buchtitel

Für Fortgeschrittene

Erscheinungsort

Pölten

Erscheinungsjahr

2009

Verlag

Residenz

Übersetzung

Alexander Sitzmann

Seitenzahl

282

Preis in EUR

22,90

ISBN

978-3-7017-1525-1

Kurzbiographie AutorIn

Alek Popov, geb. 1966, lebt und arbeitet in Sofia.