Egyd Gstättner, Frau Wegscheiders Welt

Buch-CoverOft lässt sich das Gemüt eines Landstriches am besten dadurch beschreiben, dass man eine skurrile Person in Szene setzt, die sowohl Wahnsinn wie auch Alltagsweisheit in sich vereint.

Egyd Gstättner hat zu diesem Zweck die Figur der Frau Wegscheider ausfindig gemacht, die über Gott und die Welt Bescheid weiß und ihr Wissen in kleinen Glossen-großen Portionen tagtäglich abzustoßen bereit ist.

Im Großen und Ganzen gibt es für Frau Wegscheider drei Betätigungsfelder: Das Kärnten der touristischen Events und Highlights, das Kärnten für die Daheimgebliebenen, das Kärnten als international gesehen blinder Fleck.

Im ersten Teil erweist sich Frau Wegscheider als ideale Fremdenführerin, die einerseits skurrile Fremdenverkehrsstationen ausfindig macht und andererseits diese aus dem Bauch heraus authentisch kärntnerisch kommentiert. Ihr Paradegast ist ein gewisser Scampi, der vermutlich noch nie etwas Interessantes irgendwo auf der Welt gesehen hat und dem es deshalb in Kärnten völlig den Unterkiefer des Staunens nach unten zieht.

Da wird in Flüssen nach Gold gegraben, auf Bächen versuchen sich Flößer über Wasser zu halten, mit satten Krampfadern lässt es sich gut Wasser treten, in einer windschiefen Sauna rinnt das Wasser quer von der Stirn ab und an jeder Flussbiegung klappert eine Mühle. Nicht umsonst ist dieses Kapitel, das eins zu eins aus einem Fehldruck der Fremdenverkehrswerbung übernommen ist, mit "Wasserreich" überschriftet.

Im "Heimat"-Kapitel ist Frau Wegscheider zu Hause, das merkt man gleich daran, dass sie mit ihrem Mann und seiner Handhabung der Klobrille Probleme hat. Ob es nun um die Installation von Gartenzwergen oder die richtige Rezeption von Gottschalk geht, das Feld, um darin Intellektualität zu bestellen, ist oft so klein, dass jeder noch so kleine Gedanke daraus als Störung hervorragt.

Ganz Kärntnerisch geht es im letzten Kapitel zu, worin sich Frau Wegscheider mit internationalen Auftritten hervortut. Wo immer diese liebenswürdige Frau Trampel auftritt, es liegt ihr jedenfalls die Welt zu Füssen, die man dann nur noch kräftig nieder treten muss. In einer perfekten Mischung aus Kalauer, Kärntnerei und Kot d Azur erfährt man als Leser alles, was sich auf dem internationalen Bankett der Trivialität so rund um Kärnten abspielt.

Egyd Gstättner lässt seine Frau Wegscheider scheinbar liebenswürdig durch die miesen Gefilde des Alltags stapfen, aber während wir noch über die eleganten Ausweichmanöver staunen, schickt er seine Heldin gnadenlos in jeden Fettnapf. Und deren gibt es in und um Kärnten herum genug.

Egyd Gstättner, Frau Wegscheiders Welt. Kleine Kärntner Kuriositäten.
Klagenfurt: Carinthia 2010. 172 Seiten. EUR 19,90. ISBN 978-3-85378-658-1.

 

Weiterführende Links:
Carinthia-Verlag: Egyd Gstättner, Frau Wegscheiders Welt
Homepage: Egyd Gstättner

 

Helmuth Schönauer, 19-03-2010

Bibliographie

AutorIn

Egyd Gstättner

Buchtitel

Frau Wegscheiders Welt

Erscheinungsort

Klagenfurt

Erscheinungsjahr

2010

Verlag

Carinthia

Seitenzahl

172

Preis in EUR

19,90

ISBN

978-3-85378-658-1

Kurzbiographie AutorIn

Egyd Gstättner, geb. 1962 in Klagenfurt, lebt in Klagenfurt.