C. Molero, Rabenkinder

Buch-CoverRabenkinder sind die aus dem Nest verstoßenen Kinder von Rabeneltern. Im Volksmund ist man mit diesen Begriffen recht vorschnell, etwas salopp formuliert sind letztlich alle Kinder, die aus dem häuslichen Nest fallen, Rabenkinder.

Christa Molero erzählt in Tagebuchnotizen von einer Mutter, der so ziemlich alles passiert, was ein Unglück sein kann und die am Schluss ein Buch voller verzweifelter Einträge hinterlässt.

Dabei fängt alles so leicht an, die junge Mutter hat eine Freude mit ihrem kleinen Sohn und verlässt den Mann. Unvermittelt stellt der Sohn die seltsame Frage, wenn die Mutter eine Rabenmutter ist, ob er dann ein Rabenkind sei. Und wie redet man dann eine neue Mutter an, wenn der Vater wieder heiratet?

Allmählich kommt die Patchwork-Familie mit den Besuchsritualen halbwegs zurecht. Das komplizierte Familienleben lässt sich am besten dadurch aushalten, dass sich jeder der Beteiligten in sich selbst und seine abgeschottete Rolle verkriecht.

Die Mutter ist noch einmal in einer neuen Beziehung schwanger, da verunglückt das erste Rabenkind unter einer Lawine. Über diesen Tod kommt die Erzählerin wohl nie hinweg, zumal sich das Schicksal rächt, indem aus dem zweiten Rabenkind ein Stubenhocker wird.

Am Schluss sind so ziemlich alle traurig, lebensunlustig, die Männer beginnen wie selbstverständlich zu trinken, was auch die Erzählerin gut verstehen kann. Sie selbst erlebt die Todestage ihres verunglückten Kindes, wird gram und stumm und stirbt schließlich an einem Magenkarzinom. Die Hinterbliebenen machen große Augen, als sie das Tagebuch lesen, und dann bestatten sie die Asche der Mutter an jener Stelle, an der das Rabenkind einst gestorben ist.

Christa Molero erzählt aus einer seltsam heiß-kalten Innensicht vom Scheitern eines Lebensprogramms. Denn obwohl alles schief gelaufen ist, zieht sich doch eine Art Familienidylle durch den Text. Durch die innige Tagebuchform wird der Dialog mit dem verstorbenen Kind am Leben gehalten, während die aktuelle Realität mit coolen Sätzen abgewickelt wird. Die beteiligten Figuren stehen noch in Rollen aus einem alten Spiel auf dem Feld, aber die Spielfläche hat sich vollkommen geändert.

Mit einem durchaus festen Atem seufzt die Autorin die Geschichte auf das Papier, ohne zu klagen. Denn ihre Botschaft ist ernüchternd und doch von ferne verträumt: Die Familie ist eine Idylle zum Besingen, aber in der Realität voller Brutalität. - Eine sehr beeindruckende Darstellung.

C. Molero, Rabenkinder. Erzählung.
Gelnhausen: Wagner Verlag 2009. 107 Seiten. EUR 7,80. ISBN 978-3-86683-623-5.

 

Helmuth Schönauer, 24-09-2010

Bibliographie

AutorIn

C. Molero

Buchtitel

Rabenkinder

Erscheinungsort

Gelnhausen

Erscheinungsjahr

2009

Verlag

Wagner Verlag

Seitenzahl

107

Preis in EUR

7,80

ISBN

978-3-86683-623-5

Kurzbiographie AutorIn

C. Molero( = Christa Mols), geb. 1949 in Kitzbühel, lebt in Kirchdorf.

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