Simone Schönett, re:mondo

Buch-Cover

Unbemerkt vom großen Bewusstseinsstrom der Öffentlichkeit gibt es feine Kulturformen des Lebens, die höchst selten wahr genommen werden.

So schlagen sich in Europa beispielsweise die Jenischen mehr recht und schlecht durch das Leben, manchmal werden sie Gegenstand einer wissenschaftlichen Arbeit, manchmal gibt es einen Roman über sie.

Simone Schönett setzt mit ihrem Roman re:mondo der Kultur der Jenischen ein Erinnerungsdenkmal. Mit fiktionalen Episoden unterlegt wird hier die Geschichte der Jenischen erzählt, ihre Verfolgung quer durch das Jahrhundert, ihre Demütigungen durch Zwangssterilisation und Kindeswegnahme bis herauf in die jüngste Gegenwart.

Sara ist Nachfahrin einer Familie, deren Geschichte von Zwangssterilisation, Kindswegnahme und Deportation gekennzeichnet ist. Ihr Liebhaber Stephan arbeitet auf einer Pflegestation und trifft auf einen gewissen Raymond, der mit allerhand Tricks und Überlebenskünsten das Jahrhundert als geheimnisvoller Vagabund überlebt hat. Das Liebespaar wird zunehmend von diesen beiden Geschichtssträngen bedrängt und kann letztlich nicht zueinander finden.

In die historischen Fakten sind berührende Erlebnisse eingeflochten. So gilt der zauberhafte Ort Jenesien in Südtirol als magischer Ort, an dem sich die jenischen Kinder ihre Lebensträume erzählen und wohin Liebespaare in ihrer heftigen Erregung aufbrechen, um das Glück zu finden. Andererseits gilt die Landschaft Keraniens im Süden der Alpen als Refugium für die Ausgestoßenen und am Kontinent Herumgetriebenen.

Fast täglich erzählen einander Sara und Stephan ihren Zugang zur Geschichte. Der alte Vagabund Raymond gibt schließlich seinen Kosenamen preis: Re-Mondo, jemand der auf die Welt zurückgestoßen wird. Als er seine Geschichte fertig erzählt hat, stirbt er, und wird in einem Armengrab unauffällig begraben.

Aber auch das Liebespaar verschwindet unauffällig von einander. Sara kann es nicht verwinden, dass sich Stephan freiwillig hat sterilisieren lassen, während ihre Familie über Jahrzehnte medizinisch und physisch ausgelöscht worden ist. Zwischen der wilden Welt der Jenischen und ihrem Überlebenstrieb und einem ?Gadscho, der sich hat von der Nachkommenschaft ausschließen lassen, scheint es keine Liebe zu geben.

Sie beschimpfte ihn: Du Schwein, du verdammtes Schwein. Du Kastrat. (157)

Simone Schönett erzählt eine Liebesgeschichte, die nicht aufgeht, weil die Kulturen im Blut offensichtlich stärker sind. Dabei ist die Geschichte der Jenischen voll von Sehnsucht und Lebenskraft, sie kann überall auftreten, in den Karawanken, in der Schweiz, im Südtiroler Jenesien. Und überall bleibt sie isoliert und am Rand, es scheint keine Versöhnung mit dem Trott der Allgemeinheit zu geben.

Simone Schönett, re:mondo. Roman
Klagenfurt: Heyn 2010 ( = Edition Meerauge 2), 176 Seiten, 19,90 €, ISBN 978-3-7084-0385-4

 

Helmuth Schönauer, 08-03-2011

Bibliographie

AutorIn

Simone Schönett

Buchtitel

re:mondo

Erscheinungsort

Klagenfurt

Erscheinungsjahr

2010

Verlag

Heyn

Reihe

Edition Meerauge 2

Seitenzahl

176

Preis in EUR

19,90

ISBN

978-3-7084-0385-4

Kurzbiographie AutorIn

Simone Schönett, geb. 1972 in Villach, lebt in Wernberg.

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