Ilse Kilic / Fritz Widhalm, Alles, was lange währt, ist leise

Buch-Cover

Der Verwicklungsroman gilt Kennern als ideales Genre, um biographische Geschehnisse in einem individuellen Zeitgeschichte-Beet gedeihen zu lassen.

Ilse Kilic und Fritz Widhalm legen nun schon den siebten Teil vor und erzählen ganz unverblümt, dass es vielleicht in zwei Jahren einen achten Teil geben wird.

Die Methode des Erzählens ist unendlich wie ein Kartenspiel. Autorin und Autor sowie ihre beiden Kristallisationsfiguren Naz und Jana eröffnen ein Gespräch über verschiedene Ereignisse aus dem Bekanntenkreis und übertrumpfen einander wie bei einem Spiel mit dem jeweils noch hochrangigeren Erzählblatt. Dabei sind die Erinnerungen durchaus individuell und rudimentär, aber in diesem spielerischen Aufeinandertreffen der einzelnen Partikel ergibt sich ein schöner Kommentar zur jeweiligen Epoche.

Die Figuren reflektieren durchgängig konzentriert darüber, was vielleicht als eine Fußnote ausgelegt werden könnte und was eine substantielle Erkenntnis ist.

irgendetwas vergisst man immer, sagt die jana. und weil man immer irgendetwas vergisst, gibt es erstens keine vollständige biografie, diese wäre ja auch ziemlich lang, und zweitens listen, die es erleichtern, den überblick zu bewahren. (91)

Der aktuelle Verwicklungsroman setzt mit einer Griechenlandreise in den siebziger Jahren ein, manche Figuren sind einfach in den Süden abgehauen, andere versuchen in Wien zurechtzukommen. Naz fragt gleich einmal, ob es Sinn macht, einen Roman mit Griechenland zu beginnen. Aber Gebrauchs- und Kulturgegenstände wie kaputte Autos, satter Wein und ungestüme Sonne erklären recht gut den Zeitgeist jener Tage. So fällt denn auch das Resümee durchaus sonnig aus.

ja, das leben konnte aufregend und schön sein, die menschen originell und interessant und ich selbst liebens-und begehrenswert. (48)

Der Roman ist wie ein Lexikon in durchnummerierte Kapitel eingeteilt, wobei die Einsätze jeweils als fette Schlüsselwörter in den Text gekrallt sind, wie beispielsweise Ursuppe, alte Kalender oder Geduld.

Mittendrin gibt es einen echten Comic, in dem Naz und Jana sich in verschiedenen Berufen erproben, wobei Holzträger sicher das Ertragreichste ist.

die vergangenheit ist klar vorbei, sagte der dichter ernst herbeck und doch geht sie immer weiter, sagt die jana. (71)

Aus dieser Stimmung ist auch der wundersame Titel des Romans zu verstehen, alles, was lange währt ist leise.

Der Verwicklungsroman ist eine einmalige Methode, den Fortgang der Zeit und ihre Abwicklung zu beschreiben. Dabei entstehen Verwicklungskapitel, die den Leser bei der Hand nehmen und individuell in die jüngere Vergangenheit führen.

Ilse Kilic / Fritz Widhalm, Alles, was lange währt, ist leise. Des Verwicklungsromans siebenter Teil
Wien: edition ch 2011, 110 Seiten, 12,00 €, ISBN 978-3-901015-50-2

 

Helmuth Schönauer, 06-04-2011

Bibliographie

AutorIn

Ilse Kilic / Fritz Widhalm

Buchtitel

Alles, was lange währt, ist leise

Erscheinungsort

Wien

Erscheinungsjahr

2011

Verlag

edition ch

Seitenzahl

110

Preis in EUR

12,00

ISBN

978-3-901015-50-2

Kurzbiographie AutorIn

Ilse Kilic, geb. 1958 in Wien, wohnt in Wien.

Fritz Widhalm, geb. 1956 in Gaisberg, lebt in Wien.

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