Die Erfindung des Buchdrucks oder das weite Tor zum Lesen

buchdruckDie Erfindung des Buchdrucks gilt für viele als die einflussreichste Erfindung des Mittelalters, mit der die Wende zur Neuzeit eingeleitet worden ist. Sind zuvor Bücher und das Lesen von Büchern einigen wenigen Menschen vorbehalten geblieben, ist die Zahl der Leserinnen und Leser seitdem unaufhaltsam angestiegen.

Die Auswirkungen der neuen Technik hatten unmittelbare gesellschaftliche und politische Folgen, die schon bald in der Reformation gipfelten, in der die Bibel und die selbständige Interpretation der Schrift im Mittelpunkt der neuen religiösen Weltanschauung gestanden hat. Auch Renaissance und Humanismus verdanken ihren überregionalen Einfluss der Verbreitung antiker und moderner Schriften durch den neuen Buchdruck.

Dabei sind die Veränderungen durch den Buchdruck zunächst unscheinbar und undramatisch verlaufen. Bücher, die bisher mühsam und langsam mit der Hand abgeschrieben werden mussten, konnten nun viel schneller und vor allem in hohen Auflagen reproduziert werden. Das revolutionäre des Buchdrucks lag vor allem in der raschen Verbreitung von Gedanken. Zeitgleich mit dem Buchdruck verbreiteten sich, nach der Eroberung Konstantinopels durch die Türken 1452 und die Flucht zahlreicher griechischer Gelehrter nach Mittel- und Westeuropa neue Schriften der Antike und lösten damit die Renaissance aus. Es war die Verbindung neuer Gedanken und einer neuen Technologie, die das mittelalterliche Europa fundamental verändern sollten.

Die beweglichen Drucklettern

Das Herzstück des Gutenberg-Buchdrucks sind die beweglichen Drucklettern, die sich mit einem Handgießinstrument sehr rasch herstellen lassen. Ebenso wichtig waren die Erfindung der Druckerpresse und die Entwicklung einer verbesserten speziellen Druckerfarbe.

letterguss und winkelhaken
Ein Schriftgießer bei der Arbeit.
(Bild links: Wikimedia: Jost Amann, Das Ständebuch 1568, Schriftgiesser),
Einsetzen der Bleibuchstaben in den Winkelhaken.
(Bild rechts: Wikimedia: Wilhei, Bleibuchstaben im Winkelhaken beim Handsatz)

Die einzelnen Gusslettern wurden aus einer Metalllegierung hergestellt, die aus Zinn, Blei, Antimon und Wismut zusammengemischt war. Für die Herstellung der Lettern wurde zunächst aus Eisen von jedem Zeichen ein seitenverkehrter Stempel hergestellt. Mit dem Stempel konnte ein Negativ mit dem Hammer in ein weiches Metall geschlagen werden, das nun als Gussform für die einzelnen Lettern diente.

Diese Negativform konnte immer wieder zur Herstellung weiterer seitenverkehrter Drucklettern verwendet werden. Mit Hilfe einer zweiteiligen Gießform aus Metall sind dann die Matrizen ausgegossen und die Lettern in großen Mengen angefertigt worden.

Für die Zusammenstellung von Texten haben die Schriftsetzer Winkelhaken verwendet, mit denen sich die Lettern bequem in Zeilen zusammensetzen lassen. Ihre winkelförmige Schiene verfügt über einen verstellbaren und einen feststehenden Anschlag aus Eisen, mit deren Hilfe die Zeilenlänge festgelegt werden kann. Damit wird sichergestellt, dass alle Zeilen die gleiche Länge haben und ein Blocksatz entsteht. Die benötigten Leerräume werden durch ein sogenanntes „Spatien-Blindmaterial“ ausgefüllt.

handsatz mit setzschiff
Im Setzschiff lassen sich neben dem eingelegten Handsatz auch Bilder einordnen.
Wikimedia: Wilhei, Handsatz mit Setzschiff

 

Anschließend werden die im Winkelhaken festgesetzten Zeilen in einem sogenannten Setzschiff zu einer Seite oder Spalte zusammengestellt. Hier lassen sich mit Hilfe von Blindmaterial z.B. Bilder anordnen. Der zusammengestellte Drucksatz wird nun mit Druckfarbe bestrichen und in die Presse eingelegt. Damit das Papier die Farbe besser aufnimmt, wird es befeuchtet, damit es seine Poren öffnet. Dies hat zudem den Effekt, dass die Druckfarbe nach dem Schließen der Poren nachhaltig konserviert wird.

Der mit Farbe bestrichene Drucksatz überträgt die Farbe auf das Papier, das am Pressdeckel mit Punkturen befestigt wird, die es ermöglichen, dass auch die Hinterseite des Papiers exakt angepasst gedruckt werden kann.

Die Farbe

Gutenberg verwendete auch eine neue, aufwendig hergestellte Druckfarbe, die speziell an die Verwendung des Drucks mit Bleilettern angepasst wurde. Während die Farbe für den Holzdruck eher dünnflüssig war, verwendete Gutenberg eine zähflüssige Mischung aus Leinölfirnis und Ruß, die schneller trocknete und sich damit für den beidseitigen Druck besser eignete.

Der Druck

Für den Druck selbst wurde die bereits bekannte Spindelpresse weiterentwickelt, die schon als Wein- oder Münzpresse aber auch für die Papierherstellung im Einsatz war.

Mit Hilfe einer Spindel ist es möglich, den Druck gleichmäßig auf die Unterlage zu verteilen und damit einen sauberen Druck zu erhalten. Die Unterlage mit dem eingelegten Papier ist auf auf einen verschiebbaren Karren gesetzt worden, mit dem der Druckvorgang beschleunigt werden konnte. So konnte mit der Gutenberg-Presse bereits bis zu 240 Seiten pro Stunden gedruckt werden.

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Buchdrucker bie der Arbeit.
Bild: Wikimedia: Jost Amann, Das Ständebuch 1568, Buchdrucker

 

gutenberg bibel genesisDie Anfangsseite des Buchs Genesis aus der Gutenberg Bibel
Bild: Wikimedia: Jossi 2, Gutenberg Bibel, Buch Genesis

 

Gutenbergs wichtigstes Werk wird die zwischen 1450 – 1452 entstandene Bibel, eine lateinische Bibelausgabe, der die Vulgata, eine lateinische Übersetzung, als Vorlage diente. Gedruckt wurden die Gutenberg-Bibel in zwei Bänden in einer Auflage von 180 Stück.

Die Zahl der Druckereien und Druckorte verbreitet sich im Laufe des 15. Jahrhunderts rasant. Gibt es um 1470 erst siebzehn Druckorte, erhöht sich ihre Anzahl innerhalb von zwanzig Jahren auf mehr als 200 und um 1500 sind es bereits 252 Druckorte, von denen ca. ein Viertel im Heiligen Römischen Reich gelegen sind.

In den Anfängen des Buchdrucks werden noch dreiviertel aller gedruckten Bücher in lateinischer Sprache veröffentlicht. Bereits um das Jahr 1500 liegen allein in Westeuropa schon mehr als 20 Millionen Druckwerke vor, eine Zahl, die sich im folgenden Jahrhundert um das zehnfache steigern wird. Die Bücher einzelner Autoren, wie z.B. Luther oder Ersasmus von Rotterdamer, erwiesen sich bereits als richtige Beststeller. Allein von Erasmus von Rotterdam wurde zu seinen Lebzeiten eine dreiviertel Million Bücher verkauft.


Weiterführende Links:
Wikipedia: Johannes Gutenberg
Wikipedia: Buchdruck
Youtube: How a Gutenberg printing works (engl.)
Youtube: Gutenberg Druckpresse - Alpirsbacher Offizin
Bayerischer Rundfunk: Johannes Gutenberg - Der geheimnisvolle Erfinder des Buchdrucks
Gutenberg Museum
Dennis Streichtert: Gutenberg Buchdruck – Keiner kann lesen, ich drucke Bücher

 

Andreas Markt-Huter, 07-03-2019
Titelbild: Wikimedia – Magnus Manske, Mainz Gutenbergdenkmal Relief

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