M. A. Bennett, Sieben - Spiel ohne Regeln
„Das Erste, woran ich mich erinnern kann, ist der Sand auf der Insel. Ich machte die Augen auf und sah Sand, nichts als Sand, total aus der Nähe, als würde er unter einem Mikroskop liegen.“ (S. 7)
Auf ihrem Flug in ein Sommercamp auf einer Insel im Pazifik finden sich sieben Jugendliche der Osney-Privatschule in Oxford plötzlich auf einer einsamen Insel wieder. Der sechzehnjährige Lincoln Silkirk, dem jede Erinnerung an den Absturz seines Flugzeugs fehlt, erwacht allein an einem weißen Sandstrand und lässt die letzten zwei Jahre Revue passieren.
Link ist ein klassischer Nerd, der mit seinen Eltern von der amerikanischen Westküste nach Oxford übersiedelt, wo sein Vater und seine Mutter an einem Verhaltensforschungsprojekt der Universität Oxford als Professoren mitarbeiten. Link kann als Kind von Universitätsangehörigen die private Eliteschule Osney besuchen, an welcher der Sportunterricht den Maßstab aller sozialen Beziehungen darstellt. Gleich an seinem ersten Tag lässt ihn Mr Llewellyn, der Sportlehrer und Rektor der Schule, um den quadratischen Innenhof der Schule laufen und damit seinen Rang innerhalb der Klassenhierarchie festzulegen. Link erreicht die langsamste je erzielte Zeit und steht damit auf der untersten Stufe der Rangordnung.
An der Spitze der Hierarchie steht der zwar wenig intelligente aber dafür überaus durchtrainierte Supersportler Sebastian Loam, der Link sofort zu seinem persönlichen Sklaven und Taschenträger degradiert. Für Link beginnt eine Zeit des Leidens, als er drei Jahre lang, tagein tagaus von allen Mitschülern gemobbt oder ignoriert wird. Als Link seinen Eltern erklärt, die Schule verlassen zu wollen, bitten ihn diese nur noch an einem Sommercamp auf einer Insel im Pazifik teilzunehmen. Sollte sich danach seine Meinung nicht geändert haben, würden sie seinen Beschluss akzeptieren.
Auf dem Flug zum Sommercamp trifft Link sechs seiner Mitschülerinnen und Mitschüler wieder: Sebastian Loam, die Sportskanone, Ralph Turk, der sich an der Schule selbst immer als besonders harten Kriminellen inszeniert hat, Gilbert Egan, der den Trottel für Sebastian spielt, Miranda Pencroft, die Klassenschönheit und Freundin Sebastians, Jun Am Li, Mirandas Freundin, Streberin und Geigenspielerin und schließlich Flora Altounyan, die sich als Außenseiterin dennoch nie für Link interessiert hat.
Nach dem Absturz des Flugzeugs glaubt Link zunächst der einzige Überlebende zu sein, merkt aber rasch, dass auch die anderen Mitschüler unverletzt geblieben sind. Die Jugendlichen müssen sich rasch auf die neue Situation allein in der Wildnis einstellen und bald gewinnt ausgerechnet Links überragendes Wissen an zentraler Bedeutung. Die alte Hierarchie beginnt sich rasch auf den Kopf zu stellen, weil er als einziger weiß, wie man Feuer macht und erfolgreich auf die Jagd geht. Aus dem unterdrückten Nerd entwickelt sich zunehmend ein allmächtiger Alleinherrscher, der seine Qualen in der Schule nicht vergessen hat.
„Sieben – Spiel ohne Regel“ bietet eine überaus spannend erzählte Sozialstudie, in der gezeigt wird, wie sich Menschen verhalten und verändern, wenn sie zu viel Macht erhalten. Die Leserinnen und Leser erleben die Geschichte aus der Sicht des gemobbten und von allen Seiten unterdrückten Link, dem es mit Hilfe seiner außerordentlichen Intelligenz gelingt, in einer Notsituation, eine zentrale Machtstellung zu erlangen. Dabei durchleben alle Jugendlich eine außergewöhnliche Entwicklung.
Ein überaus spannend erzählter Jugendroman mit außergewöhnlichen Protagonisten und überraschenden Wendungen, der zum Denken anregt und von der ersten Seite an die Leserinnen und Leser zu fesseln vermag.
M. A. Bennett, Sieben - Spiel ohne Regeln. Übers. v. Bea Reiter [Orig. Titel: The Island], ab 14 Jahren
Würzburg: Arena Verlag 2020, 400 Seiten, 16,50 €, ISBN 978-3-401-60495-4
Weiterführender Link:
Arena Verlag: M. A. Bennett, Sieben. Spiel ohne Regeln
Andreas Markt-Huter, 07-04-2021