Rolf Steininger (Hrsg.), 1965/66: Mehr Paket, weniger Verankerung?

Buch-Cover

?Bei Gesprächen mit verschiedenen Personen habe ich den Eindruck gewonnen, dass ein großer Teil von Südtirolern und Nordtirolern nicht zum Abschluss kommen will. [...] Unser heutiges Gespräch hat mich jedoch von dieser Meinung weggebracht. (129)

Diese Worte des legendären Tiroler Landeshauptmanns Eduard Wallnöfer lesen sich im Protokoll der Südtirol-Sitzung in Gries am Brenner am 29.5.1965.

Der 5. Band der ?Akten zur Südtirol Politik 1959-1969 behandelt die Jahre 1965/66, einer Zeit also in der österreichische und italienische Politiker einen Abschluss der Verhandlungen um Südtirol in greifbarer Nähe sahen. Anhand von 241 Dokumenten lassen sich anhand wichtiger Gesprächsnotizen, Briefwechsel, Sitzungsgespräche, Aktenvermerke, Gedächtnisprotokollen u.a. die unterschiedlichen Beweggründe, Ziele, Einschätzungen aber auch Befürchtungen und Ängste der wichtigsten Protagonisten zur Südtirol-Frage im Zeitraum zwischen dem 5.1.1965 und dem 22.12.1966 nachlesen.

Nicht nur für Historiker sind diese Dokumente von zentraler wissenschaftlicher Bedeutung um die Südtirol-Politik dieser Zeit nachzuzeichnen, sondern auch dem geschichtlich interessierten Laien bieten sie die Möglichkeit, einen kurzen Abschnitt einer lokalen Geschichte hautnah mit zu erleben, an den Gedanken und Gefühlen der wichtigsten Akteure Teil zu haben. Wir erleben dabei hautnah, wie spannend Geschichte sein kann und erkennen, dass sich Geschichte aus zahlreichen Perspektiven zusammen setzt.

"Dann sprach Dr. Kreisky über die Resonanz der Südtirolfrage in der österreichischen Öffentlichkeit. Sie sei wesentlich geringer als man annehme. Er können mir anhand von Ergebnissen fachmännisch angestellter Meinungsforschungen nachweisen, dass Südtirol und auch die Integration keineswegs im Vordergrund des Interesses der österreichischen Öffentlichkeit stünden". (256)

In seiner Einleitung fasst Rolf Steininger die wichtigsten Verhandlungen, Gespräche und Ereignisse der Jahre 1965/66 zusammen und zeichnet, mit Verweis auf die entsprechenden Dokumente, den historischen Verlauf der Verhandlungen und der wichtigsten Ereignisse, wie z.B. die zunehmenden Bombenanschläge, dar. Als ein wichtiger Aspekt dieser Jahre erscheint die zunehmende Enttäuschung des damaligen Außenministers Kreisky, dass seine Verhandlungsergebnisse in dieser Zeit zu keinem Abschluss geführt hatten, wofür er vor allem die Süd- und Nordtiroler Politiker verantwortlich gemacht hatte.

Auch der ÖVP-Alleinregierung ab 1966 gelingt es schließlich nicht, die Südtirol-Frage zum Abschluss zu bringen. Vielmehr beginnen die zahlreichen Bombenanschläge das Verhältnis zwischen Italien und Österreich vor allem ab 1967 zunehmend zu belasten.

Über die wissenschaftliche Bedeutung für die Südtirol-Politik hinaus bietet der 5. Band der "Akten zur Südtirol-Politik 1959-1969" auch HobbyhistorikerInnen und an der Geschichte Südtirols nach dem 2. Weltkrieg interessierten Leserinnen und Leser einen spannenden und lesenswerten Einblick in den Kampf eines kleinen Landes um seine Autonomie. Hier lassen die Dokumente Stimmungen, Hoffnungen, Ängste und Enttäuschungen wieder zum Leben erwachen, wie es rein historischen Abhandlungen nur schwer vermögen.

Rolf Steininger (Hrsg.), 1965/66: Mehr Paket, weniger Verankerung? Akten zur Südtirol-Politik 1959-1969
Innsbruck: Studienverlag 2011, 539 Seiten, 79,00 €, ISBN 978-3-7065-4271-5

 

Weiterführende Links:
Studienverlag: Rolf Steininger (Hrsg.), 1965/66: Mehr Paket, weniger Verankerung?
Homepage: Rolf Steininger

 

Andreas Markt-Huter, 09-11-2011

 

 

Bibliographie

AutorIn

Rolf Steininger (Hrsg.)

Buchtitel

1965/66: Mehr Paket, weniger Verankerung?

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2011

Verlag

Studienverlag

Herausgeber

Rolf Steininger

Reihe

Akten zur Südtirol-Politik 1959-1969

Seitenzahl

539

Preis in EUR

79,00

ISBN

978-3-7065-4271-5

Kurzbiographie AutorIn

Rolf Steininger (Hrsg.), 1965/66: Mehr Paket, weniger Verankerung? Akten zur Südtirol-Politik 1959-1969