Christian Mähr, Das unsagbar Gute

Buch-Cover

Es muss nicht immer ein Krimi sein, wenn man als Leser vor Anspannung das Buch erst von den Augen wegbekommt, wenn es fertig ist. Realistisch erzählt kann ein Bildungsroman, der in der Antimaterie der Provinz spielt, durchaus kriminell aufregend sein.

Christian Mähr, der Ahnvater des Bildungsromans in Randlage, erzählt im Roman ?Das unsagbar Gute von ein paar mit der Chemie vertrauten Typen, die mit ihrem Wissen die Welt ein Stück voranbringen wollen. Das ist natürlich ein fatales Unterfangen, wenn man aus einem illegalen Labor in einer Dornbirner Villa heraus, die Welt verbessern will.

Frau Leutpold, begnadete Chemikerin, hat in ihrem Labor illegale Drogen hergestellt, als sie beim Wechseln einer Glühbirne stirbt, gerät ihr Untergrund-Imperium ins Wanken. Der Nachbar haut mit der Kohle ab, die in der Villa herumliegt, ihr Enkel Manfredeo gerät mit seinen Bossen in Wien in Schwierigkeiten, weil der Nachschub nicht mehr funktioniert, und ein ziemlich einfältiges Schwesternpaar aus der Umgebung versucht sich als provinzielles Erpresser-Duo.

In der Folge besticht der Roman mit der Kausalkette des Bio-Logischen. Wenn eine illegale Handlung einmal in Schwung gekommen ist, benimmt sie sich wie eine chemische Kettenreaktion, ein misslungener Baustein baut unbarmherzig auf den anderen auf. Im Falle des ?unsagbar Guten bedeutet das, dass in regelmäßigen Abständen Leichen anfallen und sich in der Dornbirner Villa die Kühltruhen stapeln.

Kommentiert wird diese Explosion an seltsamen Ereignissen von einem Kater, der eigentlich nur seinem jeweiligen Gott, sprich Herren, dienen möchte, bei dieser Gelegenheit aber wie ein griechischer Chor die Tragik der Geschehnisse zusammenfasst.

Der Roman geht seinem logischen Ende zu, als der Chemiker Nowak das Untergrund-Labor übernimmt und eine Droge zur Verbesserung der Welt herstellt. Probehalber nennt er die Erfindung "Theophanin, die Erscheinung Gottes". (274) Leider verhindern irdische Ereignisse, dass sich die Welt entscheidend verbessern könnte.

Die Figuren ringen Seite für Seite mit der Kraft des Faktischen, sie sind getrieben von seltsamen Gesetzen, die sie nicht durchschauen können. Dabei entwickeln sie eine witzig-knappe Sprache, etwa wenn nach einem fürchterlichen Chaos jemand feststellt: ?Das ist nicht einmal improvisieren. (110) An anderer Stelle verbittet sich während der Folterung der Gequälte:

Unterlassen sie Imperative! (182)

Christian Mähr schnurrt mit seinem Roman durch die Vorgartenlandschaft Dornbirns, zeigt die Soziotope Wiens und Vorarlbergs in voller Randlage und führt alle Figuren einem geordneten Ende zu. Dabei schwärmen seine Protagonisten von einem schönen Leben, aber nur einer Tierärztin und den Katern der Gegend gelingt das Glück. - Spannend, skurril, voller Frechheit der Provinz!

Christian Mähr, Das unsagbar Gute. Roman
Wien: Deuticke 2011, 318 Seiten, 18,40 €, ISBN 978-3-552-06170-5

 

Helmuth Schönauer, 18-10-2011

Bibliographie

AutorIn

Christian Mähr

Buchtitel

Das unsagbar Gute

Erscheinungsort

Wien

Erscheinungsjahr

2011

Verlag

Deuticke

Seitenzahl

318

Preis in EUR

18,40

ISBN

978-3-552-06170-5

Kurzbiographie AutorIn

Christian Mähr, geb. 1952 in Nofels bei Feldkirch, lebt in Dornbirn.

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