Roald Dahl, Matilda
„Mathildas Bruder Michael war ein völlig durchschnittlicher Junge, aber seine Schwester ließ einem, wie ich schon sagte, die Kinnlade runterfallen. Im Alter von eineinhalb konnte sie perfekt sprechen und kannte bereits so viele Wörter wie die meisten Erwachsenen. Anstatt zu applaudieren, nannten ihre Eltern sie eine lärmende Plappertasche und gaben ihr scharf zu verstehen, dass man kleine Mädchen sehen, aber nicht hören wollte.“ (S. 11)
Während Kinder für gewöhnlich von ihren Eltern mit besonderem Wohlwollen und als die liebsten, klügsten und hübschesten Kinder betrachtet werden, schlagen Matildas Eltern ganz aus der Reihe. Für sie ist ihre Tochter kaum mehr als ein „Krüstchen Wundschorf“ und so kümmert es sie auch überhaupt nicht, dass es sich bei Matilda um ein ganz außergewöhnliches Kind handelt, mit einem außerordentlichen Verstand und einem besonders einfühlsamen Gemüt.
Herr Wurmwald, ein gerissener Gebrauchtwagenhändler und seine Frau nehmen kaum Notiz von ihrer Tochter und empfinden sie gerade wegen ihrer außergewöhnlichen Fähigkeiten als störend. Frau Wurmwalds Gedanken kreisen den ganzen Tag nur um sich selbst und ihren talentlosen Sohn Michael, während Matilda sich selbst überlassen bleibt.
Diese bringt sich mit vier Jahren selbst das Lesen bei, was ihr den Unmut der Eltern zuzieht, die nichts vom Lesen halten, weil es für sie nur Fernsehen gibt. So versorgt sich Matilda selbst mit Büchern aus der Bücherei und beschäftigt sich auch noch mit Mathematik. Als sie ihrem Vater die Gewinne aus seinen Autoverkäufen vorrechnet, beschimpft er sie als Betrügerin, wofür sich Matilda zu rächen weiß.
Erst verspätet wird Matilda von ihren Eltern in die Schule gebracht. Dort zeigt sie sich aber von ihrer jungen einfühlsamen Lehrerin Fräulein Honig überaus begeistert und auch diese erkennt sofort die außergewöhnlichen Fähigkeiten des jungen Mädchens. Fräulein Honig kann gar nicht glauben, dass sich Matilda das Lesen, Schreiben und Rechnen selbst beigebracht hat und so entwickelt sich rasche eine ganz besondere Beziehung zwischen Schülerin und Lehrerin.
Leider erweist sich die an der ganzen Schule gefürchtete Direktorin Frau Knüppeldick als das genaue Gegenteil von Fräulein Honig. Die Direktorin ist die Tante von Matildas Lehrerin und in früheren Jahren eine berühmte Athletin gewesen. Sie hat ihre Nichte um das Haus ihrer Kindheit betrogen und Fräulein Honig nach dem mysteriösen Tod ihrer Eltern gezwungen, in ein kleines Häuschen zu ziehen, das sie sich im Grunde nicht leisten kann. Als Matilda bemerkt, dass sie neben einer bemerkenswerten Intelligenz auch noch andere außergewöhnlichen Fähigkeiten besitzt, beginnt sie diese zu trainieren und ihrem Leben eine neue Wendung zu geben.
Roald Dahls „Matilda“ weiß trotz ihres Alters die jungen Leserinnen und Leser noch immer von Beginn weg zu fesseln. Die wunderbaren Bösewichte und ihre liebevoll gezeichneten Gegenspielerinnen Mathilda und Fräulein Honig bilden den Rahmen für eine spannend erzählte Geschichte, die von frechen und fröhlichen Illustrationen kongenial untermalt wird.
Ein überaus unterhaltsames und fesselndes Leservergnügen, das sowohl allen jungen Leserinnen und Lesern als auch zum gemeinsamen Lesen für Jung und Alt gerne weiterempfohlen werden kann.
Roald Dahl, Matilda. Ill. v. Quentin Blake, übers. v. Andreas Steinhöfel [Orig. Titel: Matilda], ab 8 Jahren
München: Penguin Verlag 2022, 240 Seiten, 18,50 €, ISBN 978-3-328-30158-5
Weiterführende Links:
Penguin Verlag: Roald Dahl, Matilda
Wikipedia: Roald Dahl
Wikipedia: Quentin Blake
Wikipedia: Andreas Steinhöfel
Andreas Markt-Huter, 20-03-2023