Niki Glattauer, Die PISA-Lüge

Buch-Cover

"PISA vergleicht Äpfel mit Birnen, die noch dazu, um bei diesem Bild zu bleiben, zu verschiedenen Jahreszeiten geerntet werden, und zwar von Bäumen, die auf ganz unterschiedlichen Böden gewachsen sind." (9)

In regelmäßigen Abständen versetzen die Ergebnisse der PISA-Studie das heimische Bildungssystem in eine Art Schock-Zustand, der mit gegenseitigen Schuldzuweisungen der politischen Elite und aufgebrachten Artikel heimischer Medien zusätzlich angeheizt wird.

Niki Glattauer geht in seinem Buch "Die PISA-Lüge - Wie unsere Schule wirklich besser wird" der Frage nach, was hinter den österreichischen Ergebnissen der PISA-Studie steckt, wie sie zu bewerten sind und wie das heimische Schulsystem verbessert werden könnte.

Zunächst versucht der Autor die Diskussion über die schlechten Testergebnisse der PISA-Studie zu analysieren und zu relativieren. Er zeigt auf wie schwierig und wenig fruchtbar ein Vergleich zwischen den teilnehmenden Ländern mit ihren unterschiedlichen Bildungssystemen im Grunde genommen ist. Allein die Definition wer zu den einheimischen Schüler zu zählen sei, wirkt sich signifikant auf die Bewertung der Testergebnisse aus.

Glattauer kritisiert dabei, dass gerade von Seiten der Bildungsexperten und Bildungspolitiker geschwindelt und gemogelt worden ist, um die Ergebnisse im gewünschten Sinn zu interpretieren. Aber auch die Studie im Ganzen habe als internationale Vergleichsstudie "keine Aussagekraft". Trotzdem würden Verbesserungen im Bildungssystem gerade darauf aufbauen, wie er mit Verweis auf das "halbherzige und in dieser Form sinnlose Umrüsten Tausender Hauptschulen in Neue Mittelschulen" (136) kritisiert.

Auch der als sportlicher Wettkampf im Bildungsbereich stilisierte Ländervergleich wird als falsch demaskiert und die Tests schon bei der Auswahl der Testpersonen als ungeeignet bezeichnet. Genauso falsch sei auch der Versuch, die Ergebnisse unabhängig vom Migrationshintergrund der Schülerinnen und Schüler darstellen zu wollen. Wobei Glattauer ganz klar für eine gezielte Förderung von Kindern mit fremder Muttersprache plädiert, die zunächst ihre eigene Muttersprache gut lernen sollten.

Auf der anderen Seite zeige die PISA-Studie, dass es in Bezug auf die schulische Bildung nicht gelinge, eine Chancengleichheit für alle Schülerinnen Schüler herzustellen.

In Österreichs Volksschulen bekommen Arbeiterkinder in Deutsch auch dann schlechtere Zeugnisnoten als Kinder von Akademikerinnen, wenn sie objektivierbar gleiche Leistungen aufweisen. (147)

Daraus ergibt sich für Glattauer die Forderung, dass jedes Kind individuell gefördert wird und wenn ein wohlwollender Umgang mit sprachlichen, religiösen und kulturellen Unterschieden ermöglicht wird.

Niki Glattauer ist ein Mann vom Fach und vermittelt glaubwürdig, wie Unterricht und Schule besser, menschlicher und auch erfolgreicher gestaltet werden könnte. Engagiert und mit deftigen Beispielen aus dem Schulalltag gespickt zeigt Glattauer auf, was sich an Österreichs Schulen, fernab jeder PISA-Welt, wirklich abspielt und spricht sich für ein Schulsystem aus, das die sozialen Unterschiede im Bildungsbereich auszugleichen sucht.

Glattauers Buch "Die PISA-Lüge" ist ebenso unterhaltsam, wie es nachdenklich macht. Es bietet einen interessanten Blick hinter die Kulissen des Schulalltags, mit all seinen Problemen, denen die Bildungspolitik mit ihren ideologischen Vorbehalten nicht gerecht wird. Ein überaus empfehlenswertes Buch für alle, denen unser Bildungssystem ein Anliegen ist.

Niki Glattauer, Die PISA-Lüge - Wie unsere Schule wirklich besser wird.
Wien: Ueberreuter-Verlag 2011, 208 Seiten, EUR 30,50, ISBN: 978-3-8000-7514-0

 

Andreas Markt-Huter, 02-11-2011

Bibliographie

AutorIn

Niki Glattauer

Buchtitel

Die PISA-Lüge - Wie unsere Schule wirklich besser wird

Erscheinungsort

Wien

Erscheinungsjahr

2011

Verlag

Ueberreuter-Verlag

Seitenzahl

208

Preis in EUR

30,50

ISBN

978-3-8000-7514-0

Kurzbiographie AutorIn

Niki Glattauer Lebt als Autor und Lehrer in Wien, ist zweifacher Familienvater und unterrichtet seit 1998 an einer Kooperativen Mittelschule in Wien.