Petra Ganglbauer, Manchmal rufe ich dorthin

Buch-CoverUnter dem Firnis der Schönheit sind die Dinge oft anders und manche Sachverhalte sind ausgesprochen schrecklich und grauenerregend. Die Aufgabe der Literatur muss es sein, diesem Schrecken auf den Grund zu gehen.

Petra Ganglbauer hängt das lyrische Ich in eine aufregende Welt voller Verstrickungen und Verknüpfungen. Wie in einem imaginären Schöpfungsbericht liegt das Ich noch im Dunkeln. "Im Dunkel. Und dann frage ich dorthin." (7) Dieser fragende Zustand zieht sich als Rettungstau durch den Text, letztlich werden Rufe daraus, wie es im Titel des Buches heißt.

Im ersten Anschein ist die Natur zutraulich und wohlwollend, selbst Käfer, die auf den Rücken liegen, lassen sich umdrehen und zappeln dann anschließend eine
gute Botschaft gegen den Himmel. "

Was soll ich ihm sagen? Dass die Farbe der Wolken eine Einbildung ist? Dass das Leben auf allen zweien Überfluss ist? Dass sein Grün aufgehen wird im Grün der Bäume? (73)

Aber diese hoffnungsfrohe Zukunftsperspektive wird jäh zertrümmert durch Szenen der Gewalt und Ohnmacht.

In Käferhaltung liegt der angeschossene Soldat im Gras und seine Perspektive ist alles andere als Grün. Ein schneller Blick des Lesers von der linken auf die rechte Seite ist auch ein Blick in zwei völlig konträre Hemisphären des Glücks.

Der Text ist aufgeraspelt in etwa halbseitige Prosazellen, die entweder das lyrische Ich in einer Traumwelt umgarnen oder als brutale Ausrisse einer Poetik des Zorns fungieren. Als Anlegestellen zur spitzen Welt des Brutalo-Realismus dienen Zitate von Agota Christof, Paul Virilio und Irene Vrkljan.

Im letzten Drittel reduziert sich der Text auf das so genannte "weiße Rauschen", das heißt die Nachrichten werden so dicht, dass sie letztlich als Nullinformation enden. In dieses Schneegestöber von Informationen sind karge lyrische Komponenten eingestreut.

Ich sitze an einem kleinen, runden Tischchen, ein wackeliges, also sicheres, also täusche ich mich. (88)

Die Nullstufe der lyrischen Nachricht ist endlich mit dem Schlusssatz erreicht:

Das Licht fällt auf manchen Schrei, der endlos dauert.

Petra Ganglbauers lyrische Prosa stellt dem Leser Lichtschächte und unscheinbare Klusen vor, durch die er sich durch die geschundene Welt tasten kann, die
Umgebung mag schlimm sein, aber der Meter Licht vor den Augen bleibt immer Licht.

Petra Ganglbauer: Manchmal rufe ich dorthin. Prosa
Wien: Milena 2004. 101 Seiten. EUR 15,90. ISBN 3-85526-123-3.

 

Helmuth Schönauer, 08-02-2005

Bibliographie

AutorIn

Petra Ganglbauer

Buchtitel

Manchmal rufe ich dorthin

Erscheinungsort

Wien

Erscheinungsjahr

2004

Verlag

Milena

Seitenzahl

101

Preis in EUR

EUR 15,90

ISBN

3-85526-123-3

Kurzbiographie AutorIn

Petra Ganglbauer, geb. 1958 in Graz, lebt in Wien.

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