William C. Gordon, Missgeburt

Buch-Cover

Mittlerweile ist der Krimi-Markt knallvoll, so dass die Verlage immer absurdere Werbestrategien fahren und Klappentexte schreiben müssen, um die Spannung des jeweiligen Werkes im Publikum zu installieren.

William Gordons literarische Leistung besteht auf den ersten Blick darin, der Mann der Erfolgsautorin Isabel Allende zu sein. Auf den zweiten Blick hat er sich mit der Figur des San- Francisco-Redakteurs Samuel Hamilton in die Herzen des Retro-Krimi-Publikums geschrieben und im dritten Ansatz zieht er als Schwarz-Weiß-Anhänger gerade noch rechtzeitig seinen Schreiber-Kopf aus der Klischee-Schlinge.

"Missgeburt" spielt als abstruser Vorstadtkrimi in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts in San Francisco, es geht dabei um die mexikanische Immigrantenszene, um rassistische einheimische Polizisten, Dominas und Barfrauen am Limit, um eine grenzwertige Sekte und einen Prediger, der voll auf Zwergen-Sex abfährt und ihn auch zwergenhaft dilettantisch praktiziert.

Die Figuren werden recht grobschlächtig beschrieben und es wimmelt nur so von politisch falsch formulierten Unkorrektheiten und großzügig ausgespukten Pauschalurteilen.

Ich kann kaum glauben, wie viele krumme Touren in dieser Kirche laufen. (73)

Die Handlung rankt sich an Leichenteilen entlang, zuerst ein Bein-Fragment, dann ein Stück obere Extremität. Der Reporter Hamilton baut um diese Fundstücke seine Reportagen herum und zieht fallweile die Polizei hinzu. In der Hauptsache werden extreme Typen befragt und deren Absonderlichkeiten genüsslich für das Zeitungspublikum aufbereitet. Allmählich kristallisiert sich ein echter Fall heraus nach dem Motto: ?Wir müssen dem Toten ein Gesicht geben. Das ist das Mindeste. (85)

Mit der Zeit werden die Opfer plastisch und die potentiellen Täter haptisch. Und als schon alles klar zu sein scheint, bringt sich der Hauptverantwortliche um und aus der Dose mit den Überraschungskeksen springt wieder einmal ein Nazi, der es geschafft hat, im Amerika der Schwarz-Weiß-Ideologien elegant unterzutauchen.

Irgendwie ist alles eine Missgeburt, der Fall, der Täter, die Irreführung der Behörde, das politische Programm im Hafen. Und die Logik bleibt fast ständig auf der Strecke, vielleicht ist auch sie eine Missgeburt.

Angenehm ist vielleicht die Geschwindigkeit der Untersuchung, es wird noch von Telefonzellen aus angerufen und viel zu Fuß gegangen. Statt der DNA schabt man mit einem Taschenmesser Fasern vom Jutesack, in den glücklicherweise immer die Leichenteile als Rätsel versteckt sind. Das Leben ist überschaubar und voller Randfiguren, die Menschen leben gerne in einem Krimi und geben ständig Hinweise, die anonymen Helden der Gegend erzählen bereitwillig dem recherchierenden Helden genau das, was dieser für den Fortgang seiner Missgeburt-Geschichte braucht.

"An einen Plan B verwendete er keinen einzigen Gedanken." (232) heißt es am Schluss. Kein Wunder, dient doch diese Kiosk-Literatur in der Hauptsache dazu, von A nach B zu kommen.

William C. Gordon, Missgeburt. Ein Samuel-Hamilton-Krimi. A. d. Amerikan. von Sepp Leeb
Hamburg: Hoffmann und Campe 2011. 253 Seiten. EUR 19,90. ISBN 978-3-455-50302-2.

 

Helmuth Schönauer, 16-01-2012

Bibliographie

AutorIn

William C. Gordon

Buchtitel

Missgeburt

Erscheinungsort

Hamburg

Erscheinungsjahr

2011

Verlag

Hoffmann & Campe

Reihe

Samuel-Hamilton-Krimi

Übersetzung

Sepp Leeb

Seitenzahl

253

Preis in EUR

19,90

ISBN

978-3-455-50302-2

Kurzbiographie AutorIn

William C. Gordon ist mit Isabel Allende verheiratet und lebt in Kalifornien.

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