O.P. Zier, Vom Diesseits der Wünsche ins Jenseits ihrer Erfüllung
Umgekehrt springen! Vom sicheren Land aus auf ein sinkendes Schiff etwa! Für O.P. Zier ist dieser absurde Rettungsgedanke eine stets griffbereite Reißleine, um der Literatur ihre bodenlose Festigkeit zu beweisen.
Schon einmal (1988) hat er einen Gedichtband "Der rettende Sprung auf das sinkende Schiff?"genannt, jetzt dient dieses Gedicht als Aufhänger für jene seltsamen Wünsche, die im Diesseits gefasst werden und im Jenseits versickert sind in ihrer Erfüllung.
Paradox, dass Wünsche gerade dort in Erfüllung gehen sollen, wo nicht einmal das Jenseits gesichert ist, aber die Literatur beweist es, dass das Paradoxe die Erfüllung ist. So flüstern sich Kinder die Botschaften des Winters mit dem gefrorenen Mund von Eisblumen zu, beim Schriftsteller hängt zuerst der Schreib-Schlaf auf Halbmast, aber ein paar Gedichte weiter legt er einen Kaltstart auf das Papier.
Wortteile hätten ein Haiku werden sollen, aber sie weigern sich germanistisch standfest und werden ein normales Gedicht ohne Allüren, indem sie einfach mit dem Zählen der Eigensilben aufhören. Selbst im Zusammenhang mit einer Flugschule bricht unvermittelt die Poesie aus den Zeilen:
? Flugschule; vom / Wipfel des Baumes // Schwer / wirft der Rabe // sein Schwarz // ins seichte / Licht? (28)
Vom Handwerk des Bleibens, Die Knospen des Ruins, Keine Ansichtskartenmisshandlung, Erhebet die Herzen und Auslage in Arbeit nennen sich die fünf Zyklen, in denen es um die Erweiterung des Blickwinkels geht, wenn plötzlich um die Ecke gedacht wird, beim Aufsammeln all dieser frommen Formulierungen.
O.P. Zier setzt seine Gedichte wie große Kinderaugen in eine allzu große Welt voller Wünsche. Erst wenn die Wünsche ausgesprochen sind und dann hängen wie Selchfleisch im eigenen Duft der Bedürfnisse, kommt langsam so etwas wie Erfüllung auf. Daher enden die Gedichte nie so, wie man es auf Anhieb erwarten würde, sondern immer leicht gedreht in eine frische Witterung. Dabei ist Erkenntnis bis zum Sarkasmus möglich. ?Wir / Glückspilze wir // giftige!? (89)
O.P. Zier: Vom Diesseits der Wünsche ins Jenseits ihrer Erfüllung. Gedichte.
Salzburg: Otto Müller Verlag 2005. 95 Seiten. EUR 12,80. ISBN 3-7013-1096-3.
Helmuth Schönauer, 26-05-2005