Andreas Maier, Ich

Buch-CoverEndlich seit Karl May wieder einmal jemand, der ICH sagt und daher wirklich alles sagt. In den Frankfurter Poetik Vorlesungen dürfen Autoren des Verlagshauses Suhrkamp alles sagen, was ihnen zum eigenen Werk oder zur eigenen Person einfällt. Andreas Maier tut das, indem er zu allem Ich sagt.

Dabei ist Andreas Maier ein Leben lang stolz auf seine Verweigerungskraft. Das Motiv der Kindergartenverweigerung zieht sich durchs ganze Leben. Etwas wird nur gut, wenn man es verweigert.

Selbst nach dem Studium war Verweigerung angesagt, so musste denn auch der Beruf eines Referendars in einem Frankfurter Gymnasium hingeschmissen werden, um zur Literatur zu gelangen oder so ähnlich. Und erst recht im literarischen Zirkus gilt die Verweigerung als das höchste Gut.

„Die Frankfurter Buchmesse pflege ich nicht am Suhrkampstand zu verbringen, sondern am Stand eines Südtiroler Verlegers, der ein guter Freund von mir ist. Er heißt Gottfried Solderer, sein Verlag heißt Edition Raetia. Herr Solderer pflegt ab dem Mittag an seinem Stand Wein zu trinken, ich mit ihm.“ (104)

Neben dieser ziemlich beeindruckenden Struktur erzählt Andreas Maier ununterbrochen von seiner Lektüre. Dostojewski Tag und Nacht, das erzeugt ein beinahe religiöses Lebensgefühl. Und wenn die Religion einmal im Anmarsch ist, kann man ihr nichts mehr entgegenstellen, auch eine Frankfurter Poetik Vorlesung nicht. Ein ganzes Kapitel lang sind daher Universität, Vorlesung, Autor und Leser im falschen Film und müssen wohl oder übel das Matthäus Evangelium über sich ergehen lassen.

Gegen Ende kriegt sich der Autor dann wieder ein und berichtet vom Klagenfurter Wettlesen, und wie er dabei ein Kamerateam mit den eigenen Kabeln eingewickelt hat.

Vielleicht am beeindruckendsten ist der Vergleich, wonach ein Buch in der Hand von Germanisten einer Ratte gleicht, die in einer Versuchsanordnung eingespannt ist. Buch und Ratte verlieren in diesen Arrangements nämlich ihr Wesen.

Andreas Meier fasst am Beginn seiner Veranstaltung jeweils artig das bisher Geschehene zusammen, er nennt seine Auftritte Die Verweigerung, Form I, Form II, Die Verwirrung und Der Betrieb. Gegen Ende der Darbietung stellt er häufig die Zeitverschiebung in den Vordergrund welche entsteht, wenn er im März in Rom den ganzen Text herunter schreibt und diesen dann im Mai in Frankfurt vorliest.

Die Fans seines Romans „Klausen“ erfahren noch so beiläufig, dass Andreas Maier nur einmal durch die Stadt Klausen spaziert ist und es nicht um diese Stadt geht, sondern um etwas ganz groß Verschobenes, wir vermuten Matthäus.

Andreas Maier, Ich. Frankfurter Poetikvorlesungen.
Frankfurt a. Main: Suhrkamp 2006. 150 Seiten. EUR 8,50. ISBN 978-3-518-12492-5.

 

Weiterführende Links:
Suhrkamp-Verlag: Andreas Maier, Ich
Wikipedia: Andreas Maier

 

Helmuth Schönauer, 30-01-2007

Bibliographie

AutorIn

Andreas Maier

Buchtitel

Ich. Frankfurter Poetikvorlesungen

Erscheinungsort

Frankfurt a. Main

Erscheinungsjahr

2006

Verlag

Suhrkamp

Seitenzahl

150

Preis in EUR

8,50

ISBN

978-3-518-12492-5

Kurzbiographie AutorIn

Andreas Maier, geb. 1967 in Bad Nauheim, lebt in Frankfurt. Jahrelange Schreibaufenthalte in Brixen.