Helmut Schranz, Birnall

Buch-CoverWenn es ein Weltall gibt, das der Welt entspricht, muss es auch ein Birnall geben, das dem Birnbaumer entspricht.

Die Hauptfigur dieses witzigen All-Textes ist Birnbaumer, der kräftig von Paolo unterstützt wird, der aber immer wieder seinen Namen ändert.

Birnbaumer war arbeitsscheu und lebte bis zuletzt von der Sozialhilfe eines wohlorganisierten Gemeinwesens. Birnbaumer hatte mehrere Löcher wohlgeordnet am ganzen Körper gruppiert und könnte einen Familiennamen bedeuten. Birnbaumer war ein typischer Einzelfall, doch die Dinge nahmen irgendeinen Verlauf. (35)

Im Prinzip gibt es über die Lebewesen im Birnall nur eine Gewissheit, sie alle fallen Jahre später mehr oder weniger um.

Helmut Schranz entwickelt in seinem sogenannten "work in progress" seit fast zwanzig Jahren diesen Kosmos, der nicht nur unter die Haut geht, sondern meist unter der Haut stattfindet. Manchmal ist ein Glossar aufgeführt, in dem alle wichtigen Begriffe der letzten Seiten zusammengefasst sind. Dann gibt es wieder einen Mix aus Schöpfungsgeschichte und Reiseangebot, zwischendurch schlängelt sich poetisch der Abendtriebwagen am Gleiskörper durch die Gegend.

In den drei Kapiteln UNTERHÄUTEN, BIRN|ALL|MORGEN|KRANK und MATERIAL|SCHLACHTEN tut sich ein seltener Kosmos auf, der manchmal knapp an der Oberfläche der Begriffe, dann wieder unter der Schutzschicht eines singulären Semantik seine Substanz herausschüttet. Besonders beeindruckend sind Lebensweisheiten, Formeln und Binsenweisheiten. Der Unterschied zwischen Hochformat und Querformat wird naturgemäß über die Seitenlänge definiert, aber andererseits besteht "eine Variante" darin, sich nach hinten zu neigen, während man alles auf die Fußspitzen stellt. (95)

Und die schärfste Erkenntnis lautet überhaupt: "Die Regeln am Stuhl gelten schon vor dem, was passiert." (72)

Manchmal kommt es zu seltsamen Versuchsanordnungen, wenn etwa der Unterschied festgestellt werden soll zwischen einer Dame, die sich selbst entkleidet und einer solchen, die entkleidet wird. Der Unterschied ist null.

Gegen Schluss wird tatsächlich die klassische Wirklichkeit an den Mit-Protagonisten Paolo verfüttert.

Helmut Schranz erzählt sachlich frivol, nichts ist das, als was es erscheint. Vermutlich haben nicht nur die Figuren einen eigenen Erzählkörper, in den sie alles hineinfuttern, wessen sie habhaft werden können. Manchmal haben auch die Dinge und schließlich die Spielregeln selbst eine eigentümliche Seele, die allerdings immer wieder aus der Haut fährt. Denn wie es so schön im Untertitel heißt, es ist unter der Haut!

Helmut Schranz, Birnall. Es ist unter der Haut.
Klagenfurt: Ritter 2009. 132 Seiten. EUR 13,90. ISBN 978-3-85415-441-9.

 

Weiterführende Links:
Ritter-Verlag: Helmut Schranz, Birnall
Kulturserver-Graz: Helmuth Schranz

 

Helmuth Schönauer, 09-06-2009

Bibliographie

AutorIn

Helmut Schranz

Buchtitel

Birnall. Es ist unter der Haut

Erscheinungsort

Klagenfurt

Erscheinungsjahr

2009

Verlag

Ritter

Seitenzahl

132

Preis in EUR

13,90

ISBN

978-3-85415-441-9

Kurzbiographie AutorIn

Helmut Schranz, Birnall. Es ist unter der Haut.

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