Sonja Steger, keine details

Buch-CoverImmer wieder glaubt man bei Lyric-Productions, dass ein verfilmbares Leben der wahre Grund für Gedichte sei. Manchmal wirkt dieser, wie jeder, Glaube skurril, etwa wenn eine Autorin ihr biographisches Credo den Gedichten voranstellt mit dem grandiosen Grundriss Schenna, Meran und Mals.

Wahrscheinlich jeder von uns wohnt gleichzeitig im Zimmer, in der Küche und am Klo, nur die lyrischsten Gemüter kommen aber auf die Idee, diesen Orten Ortsnamen zu geben.

Dieser biographischen Unwucht folgt aber dann eine Gedichtsammlung, die in zweierlei Hinsicht positiv heraus gestichelt werden muss. Wenn man überlegt, dass der Titel eines Lyrik-Bandes letzten Endes achtzig Prozent seiner Qualität ausmacht, so ist mit "keine details" ein Volltreffer zu vermelden. Und die zweite seriöse Eigenschaft, nämlich ein durchgehendes Konzept zu entwickeln, ist mit dem Gedicht-Überschrift-Reigen "Taten / Orte / Worte / Zeiten / Für / Stille" bestens für eine gute Lesestimmung hervorgebracht.

In diesen Kapiteln ist einerseits das Wesen gegenwärtiger Lyrik leicht zynisch dargestellt, andererseits gibt es im Potpourri-Charakter der Darbietung eine Einschau in die diversen Lyrik-Verfahren, wie sie so landauflandab herum kursieren.

Die "Taten" gerieren sich überlyrisch frivol, jeder Hauch wird zu einer Hautzelle und zerplatzt im Du, und der Höhepunkt ist sicher die Stelle: "vögelnd / fliegen / bis zum / bitteren / ende" (14)

Au weia, warum kann diese wahre Lyrik nicht so fortfahren und muss statt dessen in das nächste Korsett, nämlich in die Orte. Da wird zwischen Ötztal und Sonnenberg alles besungen, was auf einer Wanderkarte drauf ist. Und unter "Salzburg" (34) geht es endlich italienisch zu, damit es südtirolerisch wirkt. Warum das Gedicht aus Salzburg italienisch sein muss, weiß nur jemand, der einen zweisprachigen Förderungs-Antrag bei der Landesregierung gestellt hat. (An dieser Stelle dreht es Gerhard Kofler im Jenseits sicher ein paar Mal den Magen um.)

Das Kapitel "Für" nimmt sich der Unsitte an, jedem Hund ein Gedicht zu widmen, also volles Programm für Enrico, Oswald und Robert!

"Flacher Atem gegen Mittag hin" (75), schließlich geht auch einer sorgfältig geplanten Lyrik die Luft aus.

Sagen wir so, dieser Gedicht-Band ist allemal besser als jegliche Anthologie, man ist als Leser rasch durch, es bleibt fast nichts hängen, so dass der Kopf frei bleibt für andere Lektüre.

Sonja Steger, keine details. Gedichte.
Innsbruck: Skarabaeus 2009. 80 Seiten. EUR 12,90. ISBN 978-3-7082-3274-4.

 

Weiterführender Link:
Skarabaeus-Verlag: Sonja Steger, keine details

 

Helmuth Schönauer, 25-08-2009

Bibliographie

AutorIn

Sonja Steger

Buchtitel

keine details

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2009

Verlag

Skarabaeus

Seitenzahl

80

Preis in EUR

12,90

ISBN

978-3-7082-3274-4

Kurzbiographie AutorIn

Sonja Steger, geb. 1974 in Meran, lebt in Schenna, Meran und Mals.

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