Atac / Kraler / Ziai (Hrsg.), Politik und Peripherie
Oft gibt es Lehrbücher zu ziemlich banalen Themen, und dann fehlen wieder für wichtige Entscheidungen die entsprechenden Unterlagen. Politik und Peripherie ist eine frische Einführung in den Stoff der Politikwissenschaft, das Besondere dabei ist, dass das Zentrum der Beobachtung in Frage gestellt und neu definiert wird.
Denn das ist ja die entscheidende Frage jeglichen Agierens: Wo ist etwas los? Wo sitzt die Macht? Wer muss umgedreht werden, damit sich die Welt umdreht?
Peripherie ist immer eine Frage der Definition, sie liegt nach gängiger Auslegung immer dort, wo die Mächtigen noch nicht dort sind, das kann räumlich, politisch oder personell gemeint sein.
Um die wahren Zusammenhänge zu erkennen, ist es von großem Nutzen, die üblichen Stories von einem anderen Standpunkt aus zu erzählen. So kann beispielsweise die Geschichte der Korruption neue Facetten entfachen, wenn die Korruption als jeweilige Kulturtechnik einer bestimmten Gesellschaft begriffen und nicht aus der Ferne beurteilt wird.
Probehalber wird in diesem Buch das Zentrum der Beobachtung an die Peripherie gerückt, was den Vorteil hat, dass man die sogenannten Entwicklungsländer in einem andern Licht sieht und gleichzeitig die Standpunkte der ersten Welt relativiert.
Zu den einzelnen Kapiteln gibt es jeweils einen Schaukasten mit den angestrebten Lehrzielen, etwa "Darstellung von Mechanismen", durch welche die Demokratisierungsprozesse in den Ländern des Globalen Südens unterlaufen werden (93) oder "Illustration unterschiedlicher theoretischer Perspektiven auf bewaffnete Konflikte anhand von Fallbeispielen" (172) Zur Abrundung der Theorien blinken so genannte Lernfragen auf: "Woran scheiterte der Völkerbund" (217) oder "Was konnten die Frauenbewegungen weltweit durch erfolgreiche Lobbyarbeit erreichen" (293).
Zwischen die Überblickskapitel ist auf grauem Papier immer die Geschichte der Anwendung eingedruckt. Themen dieser Sub-Geschichten sind etwa Globale Gerechtigkeit, Populismus und Neopopulismus, Raum und Politik, Hungersnöte, Regimewechsel. In diesen Essays werden Themen, wie sie in den diversen Wochenendbeilagen abgehandelt werden, aufgegriffen und von einer anderen Perspektive aus neu erzählt.
Das Lehrbuch "Politik und Peripherie" ist für Studentinnen des politischen Lehrgangs eine aufregende Hilfe, die diversen Prüfungen zu bestehen. Für Leser, die nicht mehr geprüft werden müssen, gibt dieses Buch viele Anregungen, wie man beispielsweise den internationalen Literaturbetrieb, politische und kulturelle Verzahnungen, Revolution und Gelassenheit neu beurteilen könnte. Eine anregende Einführung!
Ilker Atac / Albert Kraler / Aram Ziai (Hg.), Politik und Peripherie. Eine politikwissenschaftliche Einführung.
Wien: Mandelbaum 2011. 345 Seiten. EUR 19,80. ISBN 978-3-85476-353-6.