Martin Mandler, 23 Tage

Buch-Cover

Wer in ein psychisches Loch fällt, greift einerseits nach jedem Strohhalm der Rettung, andererseits brechen in diesem Zustand alle Strohhalme verlässlich ab.

In Martin Mandlers Roman dauert der Ausnahmezustand der Seele gerade mal 23 Tage, das ist einerseits überschaubar und vielleicht handhabbar, andererseits eine brutal lange Zeit. Dem Ich-Erzähler ist die Liebe zu Laura abhanden gekommen, um die Liebeskräfte neu zu beurteilen, setzt sich Lara für knapp drei Wochen nach London ab.

Ab jetzt reißt es den Erzähler völlig zwischen Eifersucht, Klaustrophobie und Todessehnsucht hin und her. Wie ein analytisch denkender Karriere-Mensch will er einerseits sein Leben in den Griff bekommen, andererseits scheitert er wie ein Romantiker vollsten Geblütes.

Ich sehe mich, ein verlassenes Kind, das nichts mit sich anzufangen weiß. (11)

In der Hauptsache spürt der Erzähler nur noch, dass er etwas spüren will, er erinnert sich, aber weiß nicht woran, er stirbt beinahe an Sehnsucht, und weiß nicht warum. Alle bisherigen Erfahrungswerte und Ziele scheinen außer Kraft gesetzt zu sein, bisher hatte die Parole gegolten, dass das Gras des Lebens täglich grüner sein müsse, um einen Sinn im Leben zu finden.

Nach ein paar Tagen kommt von Laura ein Brief, aber der Angeschriebene ist so gezeichnet, dass er ihn einen Tag lang liegen lässt, eher er ihn öffnet. Dabei hat Laura nur die Kreditkarte vergessen und bittet um Nachsendung.

Eine Zeit lang höre ich meiner Armbanduhr dabei zu, wie sie die Minuten mit ihrem feinen Werk kleinsägt, ich schaue an die von außen mattblau beleuchtete Zimmerdecke. (56)

Während es in der ersten Hälfte des Romans darum geht, das Unerträgliche auszuhalten, sei es mit Saufen, Herumirren oder einem schnellen Ablassen der Sexualsäfte, wird im zweiten Teil der Ausflug nach London zu einer Irrfahrt zwischen Realität und Wahnvorstellung.

Gesteuert von einem inneren GPS irrt der Eifersüchtige durch halb Europa, nimmt nach der Logik von Roadmovies wahllos Schlafplätze oder absichtslose Beobachtungsposten ein und gelangt schließlich in London zu einem Hausboot, auf dem er Laura mit ihrem Geliebten vermutet. Nachdem sich zwei Figuren gezeigt haben, die Laura und der Nebenbuhler sein könnten, kehrt er in die Eifel zurück, putzt das Haus und wartet auf die Geliebte. Aber einmal mit dem verrückten Denken bekannt geworden, ist die Zielgenauigkeit der Liebe verlorengegangen. Der Erzähler sieht sich plötzlich in der Zukunft, wie er all das abarbeiten wird, was er gerade denkt.

Martin Mandler erzählt in einer bestechend logischen Weise von einem Rasenden, der sich von jeglicher Logik entfernt. 23 Tage sind ein Logbuch einer wild gewordenen Seele, die zwischen Liebeskummer, Karriereplanung und Alltagssinn die Kurve nicht mehr kriegt. Ein aufwühlender Psycho-Roman!

Martin Mandler, 23 Tage. Roman
Wien: Luftschacht 2011, 160 Seiten, 19,00 €, ISBN 978-3-902373-65-6

 

Helmuth Schönauer, 17-03-2011

Bibliographie

AutorIn

Martin Mandler

Buchtitel

23 Tage

Erscheinungsort

Wien

Erscheinungsjahr

2011

Verlag

Luftschacht

Seitenzahl

160

Preis in EUR

19,00

ISBN

978-3-902373-65-6

Kurzbiographie AutorIn

Martin Mandler, geb. 1978 in Tirol, lebt in Kail / Eifel.

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