Wie lässt sich ein Stadtschreiber inspirieren?

Lorenz Langenegger besuchte als nunmehr dritter Stadtschreiber die VS Kitzbühel. Die Schüler/innen und Lehrerinnen freuten sich darauf, das Mitglied der Schweizer Autorengruppe Die Autören kennen zu lernen, umso mehr, als der junge Schriftsteller versprochen hattte, den Kindern zu verraten, wie er sich für seine Texte inspirieren lässt.

1980 in Gattikon geboren, lebt und schreibt er in Zürich. Er studierte Theater- und Politikwissenschaften in Bern, wo erste Arbeiten fürs Theater entstanden. 2006 gewann er den Stückewettbewerb der Schaubühne Berlin. Daraufhin wurden seine Beiträge mit Erfolg in Berlin und Mannheim uraufgeführt. Im Frühjahr dieses Jahres erschien im Jung und Jung Verlag Salzburg sein erster Roman: Hier  im Regen.

Schüler/innen der dritten Klassen malten zur mitgebrachten Musik und schrieben anschließend kurze Texte, passend zu den Bildern ihres Sitznachbarn.
In einer weiteren Übung besuchte er mit der Nachwuchsautorengruppe den angrenzenden Park. Mit geschlossenen Augen führten sich die Kinder gegenseitig zu interessanten Dingen, welche kurz betrachtet und im Anschluss in der Schulbibliothek genau beschrieben wurden. Für die vierten Klassen gab es dort am nächsten Tag ebenfalls Schreibworkshops, bei denen kurze Geschichten begonnen und an weiteren Tagen in der Klasse fertiggestellt wurden. Wer hat schon den Luxus einen echten Autor als Lektor zu haben? Vielen Dank!


Für Lesen in Tirol gab Lorenz Langenegger ein Interview:

Lesen in Tirol: Lieber Lorenz, du bist nach Kitzbühel gekommen, um konzentriert zwei Monate lang in aller Ruhe an einem neuen Prosastück zu arbeiten, wie du dir Anfang November vorgenommen hattest. Woran schreibst du und wie geht es dir hier mit dem Schreiben?

Langenegger: Es geht mir sehr gut, danke, ich arbeite wie ein Ackergaul im vorletzten Jahrhundert. Das wird eine ganz famose Geschichte, wenn sie fertig ist. Zumindest glaube ich das, wenn wie in den letzten Tagen die Sonne scheint. Wenn sich der Nebel zwischen mich und die Tastatur schiebt und ich den Durchblick verliere, zweifle ich daran, dass die losen Ansätze je zu einem Ganzen werden.

Lesen in Tirol: Am 1. Dezember 2009 wirst du im Café Praxmair in Kitzbühel eine Lesung geben und lädst dazu herzlich ein. Worauf dürfen sich die Zuhörer freuen?

Langenegger: Neben meinem Roman Hier im Regen, den ich Kitzbühel vorstellen möchte, werde ich wohl auch noch das eine und andere Schmankerl aus meiner Arbeit als Stadtschreiber mit ins Praxmair bringen.

Lesen in Tirol: Heuer hast du am diesjährigen Bachmannpreis-Wettlesen in Klagenfurt teilgenommen. Wie hast du das erlebt und wirst du in den kommenden Jahren wiederum antreten?

Langenegger: Der Bachmannpreis ist wie ein großer Kindergeburtstag. Die ganze Literaturszene trifft sich in Klagenfurt. Fangen, Verstecken, Ringelreihen, kein Spiel wird ausgelassen. Es wird gehalten, geschubst und geschummelt. Und natürlich gibt es Gewinner und Verlierer. Schade nur, dass Fernsehkameras dabei sind, sie nehmen den Spielen ein gutes Stück ihrer Authentizität. Ich würde sofort wieder hinfahren!

Lesen in Tirol: Warum wolltest du schon im zarten Alter von zehn Jahren Dichter werden?

Langenegger: Nachdem ich mir mit Hilfe der Milchpackung am Frühstückstisch Lesen und Schreiben beigebracht habe, musste ich das Gelernte anwenden. So entstanden Klaus die Maus, Band eins und zwei.

Lesen in Tirol: Heute spielst du in der Schweizer Nationalmannschaft für Dichter Fußball. Ist Sport wichtig für dich?

Langenegger: Nein. Das muss hier in Kitzbühel ganz deutlich gesagt werden. Sport ist in den letzten Jahrzehnten viel zu wichtig geworden. Und weil Wichtigkeit ja immer mit Geld bemessen wird, ist Sport nur noch ein schöneres Wort für Korruption, Doping oder, jetzt gerade aktuell, Wettskandal. Bewegung ist mir wichtig, nicht nur die des Körpers. Und ja, natürlich, am liebsten jage ich einem Ball nach.

Lesen in Tirol: Was war dein bisher schönstes Erlebnis in Kitzbühel?

Langenegger:
Der Schnee bis über die Knie auf dem Hahnenkamm. Die Schülerinnen und Schüler, die sich darum streiten, ihre Geschichten vorzulesen. Die Herzlichkeit und Gastfreundschaft im Allgemeinen und Speziellen. Die Stegreifgedichte von Hofdichter Adam im Huberbräu.

Lesen in Tirol: Auf wen und was freust du dich, wenn du wieder nach Zürich zurückkommst?

Langenegger: Auf meine Liebste natürlich. Und auf die Stadt. Ich habe mich bis jetzt, das muss ich gestehen, nicht daran gewöhnt, dass Kitzbühel eine Stadt sein soll. Außerdem habe ich für die zwei Abende nach meiner Heimreise Theaterkarten reserviert.

Lesen in Tirol: Was sind deine nächsten Projekte und was wünscht du dir für die Zukunft?

Langenegger: Schnee für Kitzbühel und meinen zweiten Roman zwischen zwei Buchdeckeln.

Lesen in Tirol: Vielen Dank für das Interview. Viel Erfolg beim Schreiben und alles Gute!


Lorenz Langenegger bei der Arbeit mit den Kinder der VS-Kitzbühel


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Stadtschreiber Lorenz Langenegger


Quelle oder Autor/-in: Dina Überall

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