Peter Steiner, Der Sturz aufs Dach der Welt

Buch-Cover

Gegen das ewige Abenteuer der Liebe ist jede Expedition nur ein kleines Blatt im Dschungel der Gefühle.

In Peter Steiners Roman vom Sturz auf das Dach der Welt gibt es beides, bei einer Expedition stürzt der Ich-Erzähler an Bord eines Helikopters ab, und der Sturz ist so gewaltig, dass nach einem knappen Vierteljahrhundert eine große Liebe daraus hervor wuchert.

Der Botaniker und Ich-Erzähler Lorenzo fliegt in den entlegenen Urwald Boliviens, um für einen Pharmakonzern eine seltene Heilpflanze zu erkunden. Mit im Camp ist seine Tochter, die von ihrer Freundin Marlies begleitet wird. Einmal in einem verrückten Moment erhascht der Forscher einen magisch-erotischen Blick aus der Unterwelt von Marlies Körper, und schon ist es um ihn geschehen. Ihn, dem immer alle Beziehungen misslingen, wirft ein Flecken Unterleib aus der Bahn.

Tatsächlich stürzt der Helikopter bei einer missglückten Außenlandung ab, der Erzähler und der Pilot plagen sich drei Tage durch den Dschungel, ehe sie gerettet werden. Es gibt ein Wiedersehen mit Marlies und eine zaghafte Liebeserklärung - Ende des Dschungelteils.
Im zweiten Kapitel, dreiundzwanzig Jahre später, sind rundherum die Liebschaften ad Acta gelegt und der Erzähler hat sich auf einen mondänen Villenhügel zurückgezogen.

Aus heiterem Himmel kommt ein Brief in der obligaten blauen Tintenschrift, Marlies meldet sich zurück. Beim alten Ich-Erzähler geht es nun hormonell rund. Stundenlang sitzt er vor dem Faxgerät, um vielleicht eine Nachricht zu erhaschen, tagelang wird telefoniert, die Jahreszeit hat sich aus dem Staub gemacht.

Marlies sitzt offensichtlich in der Bretagne, in einem Tagtraum stürzt sich der emotional aufgewühlte Erzähler in diese Gegend, sieht offensichtlich in der Ferne Marlies über den Strand waten, aber sie erkennt ihn nicht. So ist das mit der Liebe, wenn man ihr zu nahe kommt, erkennt sie einen nicht, wenn man ihr nicht nachreist, bricht daheim das Herz.

Peter Steiner hat die ungestümen Phasen einer Fernliebe in die Körper abgeklärter ausgereifter Figuren gelegt. Er vergleicht die biologische Liebe der Individuen mit der geologischen Gelassenheit unter dem Dach der Erde.

Kein Dach ist eine Sache für ewig. Mit der Zeit bekommt es Löcher und schließlich stürzt es ein. Viermal, nach jeder Eiszeit wieder, ist das Kleine Dach der Welt eingebrochen, in sich zusammengefallen und von jahrtausendelangem Regen ins Meer geschwemmt worden. (7)

Der Sturz aufs Dach der Welt ist gewissermaßen der Beweis für die Zeitlosigkeit der irdenen Gefühle, eine wohltuend romantische Vorstellung.

Peter Steiner, Der Sturz aufs Dach der Welt. Roman
Salzburg: Otto Müller 2011 169 Seiten, 18,00 €, ISBN 978-3-7013-1185-9

 

Weiterführender Link:
Otto-Müller-Verlag: Peter Steiner, Der Sturz aufs Dach der Welt

 

Helmuth Schönauer, 08-06-2011

 

 

Bibliographie

AutorIn

Peter Steiner

Buchtitel

Der Sturz aufs Dach der Welt

Erscheinungsort

Salzburg

Erscheinungsjahr

2011

Verlag

Otto Müller

Seitenzahl

169

Preis in EUR

18,00

ISBN

978-3-7013-1185-9

Kurzbiographie AutorIn

Peter Steiner, geb. 1937 in Baden bei Wien, lebt in Baden bei Wien.

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