Hans Raimund, Trauer Träumen

Buch-Cover

"Es kann regnen / Es kann schneim / Es kann a aso vableim // (Hiesiger Beitrag zur Erkenntnistheorie)"

Beinahe fassungslos steht man als Leser dieser raffinierten Erkenntnislage gegenüber und die legere Haltung dieses Eingangsmottos schwingt in den Texten Hans Raimunds mit.

Dabei ist das Thema schwer und traurig, es geht um das Trauern und Überwintern mit der angeschlagenen Seele. Das Ergebnis eines diffusen Zustandes mündet in Zufälligkeiten, die plötzlich als jeweils zweite Haut poetisch über die Sätze gestreift sind. ?Um vieles könnte es in einem Gedicht gehen? (7) heißt es in der ?(Poetik)?, aus jenen Dingen, die für ein Gedicht in Erwägung gezogen werden, entsteht dann tatsächlich das Gedicht.

Diese Methode geht so weit, dass plötzlich sogar ?Entgegenstände? aufgezählt werden, als Entgegnung auf die reale Welt. Die Gedichtzyklen verfestigen sich zwischendurch zu dicht gepresstem Texttorf und handeln von jener transzendenten Balance zwischen ?anwesend/abwesend? oder verschlingen ?vielstimmig? die eingefrorenen Augenblicke beim Lesen. Im Mittelteil geht es um Träume der traurigsten Art. ?Ich träume / Sie schreitet durch die Räume / In meinem Kopf?. (50)

Ein ganzes Kapitel handelt vom Höfeöffnen, alle jene Höfe, die üblicherweise an der Straßenseite geschlossen sind, werden aufgeweitet, Lichthöfe falten sich auf. Die Entgegnung sind die Hauserblocks in Städten, auch sie werden aufgemacht und die darin wohnenden Schicksale tun sich kund wie Honig dem Imker, wenn er das Wachs über den Waben entfernt hat. Aus jedem guten Gedichtband bleibt dem Leser ein Gedicht unvergesslich in Erinnerung. In diesem Falle ist es der Streckhof, eine seltsam in die Länge gezogene poetische Behausung, worin das lyrische Ich sogar die Zeit in die Länge zu ziehen vermag.

?Das ist ein Ort der Kulte ? Schlafen Schauen / Kochen Essen Trinken Trauern Träumen ? - / In sechs durch offene Türen / Zu einem Raum gestreckten Räumen // Voll Schellenklang und Uhren schlag ? [?]?

Hans Raimunds Texte tappen, vorsichtig durch Zeitmembranen verbunden, beinahe lautlos auf den Leser zu.

Hans Raimund, Trauer Träumen. Lyrische Texte aus den Hochstrasser Heften.
Salzburg: Otto Müller Verlag 2004. 108 Seiten. EUR 17,00, ISBN 3-7013-1085-8.

 

Helmuth Schönauer, 20-01-2005

Bibliographie

AutorIn

Hans Raimund

Buchtitel

Trauer Träumen

Erscheinungsort

Salzburg

Erscheinungsjahr

2004

Verlag

Otto Müller Verlag

Seitenzahl

108

Preis in EUR

EUR 17,-

ISBN

3-7013-1085-8

Kurzbiographie AutorIn

Hans Raimund, geb. 1945 in Petzelsdorf, lebt in Wien und Hochstraß.

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