Gregor M. Lepka, An der Zeit vorbei

Buch-Cover

Im Idealfall gräbt sich der Titel eines Gedichtbandes beim Vorübergehen so in das Gedächtnis des Lesers, dass man einen Schritt zurückgeht, das Buch nimmt und es wissen will: Was hat es mit diesem Titel auf sich?

Gregor M. Lepka stellt seinen Gedichten dieses ?An der Zeit vorbei voran, ein Programm, das einerseits zeitlos ist, weil es auf die Zeit keine Rücksicht nimmt, andererseits programmlos ist, weil seine Zeit schon abgelaufen ist.

An der Zeit vorbei // An der Zeit vorbei / schwindelt sich meine Befindlichkeit, / Stillstand in den Gedanken. / Abseits der gangbaren Wege / liegt wo ein Nest / für die Geborgenheit. / Geschlichtet in das Verstummen, / nur der Betrachtung / anheimgegeben. (8)

Das lyrische Ich ist jedenfalls aus dem üblichen Ablauf von Zeit ausgetreten, die Dinge sind zur Ruhe gekommen, die Gelassenheit einer Stimmung Marke ?Spätboot macht sich breit. Und das lyrische Ich ist auch verwundet von dieser Zeit, manches funktioniert rein körperlich nicht mehr vollends, anderes ist durch das Leben selbst abgeschrammt und funktionslos geworden. Zwischendurch sind gar schon die Wände weggebrochen, an denen man früher vielleicht hat Bilder aufhängen können.

Immer wieder // Immer wieder / Widerwärtigkeiten / krankheitsbedingt / ausatmen, einatmen, / den Kreislauf / nicht unterbrechen, / vorläufig noch. / Bilder, die keine / Wand mehr finden, / zum Verschwinden gebracht. (14)

Manchmal wechselt das lyrische Ich in eine völlig irreale Dimension, wenn es etwa in die Röhre eines medizinischen Scanners geschoben wird, damit man es durchleuchtet, aufrollt, in digitale Scheiben zerlegt. Dabei ist seine Bestimmung klar: Erde zu werden.

An den ersten Teil, der mehr als die Hälfte ausmacht und schlicht mit ?Gedichte 2009/2010 überschrieben ist, sind sogenannte Hommagen angefügt. Wie in einer lyrischen Literaturgeschichte der besonderen Art sind gut dreißig Gedichte den Zeitgenossen des Autors gewidmet. Die Widmungen untereinandergestellt ergeben sich eine geheime Literaturgeschichte mit Schwerpunkt Oberösterreich, das Land wird sichtbar durch Gedicht-Stelen, die einen Pfad durch die Gegenward ausschildern. Dieser Weg durch die Poesie des Landes führt von Waltraud Seidlhofer, über Richard Wall bis zur früh verstorbenen Eugenie Kain.

Im letzten Abschnitt sind ein Dutzend ?poetische Sprichwörter von Elazar Benyoetz mit lyrischen Kommentaren des Autors unterlegt. Es ist unheimlich, in einen fertigen Satzbau einzuziehen, heißt es bei Beyenoetz, und dieses Motto gilt wohl auch für die Lyrik Gregor M. Lepkas.

?An der Zeit vorbei löst im Leser ein lohnendes Stehenbleiben aus, es macht Sinn, noch einmal anzuhalten und vielleicht zurückzugehen bis an jenen Punkt, von dem aus man an der Zeit vorbei gerast ist.

Gregor M. Lepka, An der Zeit vorbei. Gedichte. Mit einem Nachwort von Christian Teissl
Wels: Mitter Verlag 2011, 123 Seiten, EUR 18,70. ISBN 978-3-9502828-7-0

 

Helmuth Schönauer, 17-01-2012

Bibliographie

AutorIn

Gregor M. Lepka

Buchtitel

An der Zeit vorbei

Erscheinungsort

Wels

Erscheinungsjahr

2011

Verlag

Mitter Verlag

Seitenzahl

123

Preis in EUR

18,70

ISBN

978-3-9502828-7-0

Kurzbiographie AutorIn

Gregor M. Lepka, geb. 1936 in Salzburg, lebt in Thalheim / Wels.

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