Florian Kronbichler, Was gut war

Buch-CoverJe verunsicherter ein Land die eigene Identität überstreift, um so heftiger klammert es sich an Heroen und wenn es Strohhalme sind.

1995 hat sich Alexander Langer, der geistige Hoffnungsträger Südtirols, das Leben genommen, und seither ist wohl nur mehr Reinhold Messner in der Lage, einen Gedanken auch über die Landesgrenze hinaus zu formulieren. Zyniker behaupten, dass die Autonomie den Südtirolern vor allem Autonomie von der Intelligenz gebracht hätte, und tatsächlich denkt der klassische Südtiroler vor allem an sich, an sich und an sich.

Florian Kronbichler hat dieses intellektuelle Augenzwinkern an sich, wenn er ein ABC mit Alexander-Langer-Säzen zusammenstellt. Aus den verstreuten Schriften Langers entsteht dann tatsächlich eine Biographie, die wohltuend kühl und aufregend heiß ausgefallen ist. Aus der Entfernung wirken manche Sätze sehr romantisch. So heißt es gleich zu Beginn:

"Wir möchten für alle da sein, wir wollen allen helfen, wir suchen Kontakt zu allen. Unsere Hilfe steht allen offen, unser Gebet gilt allen. Wendet euch an uns, und wir werden euch nach Kräften helfen." Das Eingangskapitel ist nicht nur wegen des Alphabets mit "Alle" umschrieben, tatsächlich werden in solchen katholischen Alle-Imperativen alle angesprochen und abgestoßen, je nachdem wie "alle" jemand ist.

Das Alphabet als Ordnung ist ok, wenn dann aber jeder Buchstabe drankommen muss, wird es redundant. Also der katholische Ministrant, der jüdische Wurzeln hat und die Welt mit dem Evangelium in den Griff kriegen will, ist schon ziemlich lästig, zumal dann alle Heiligen und Propheten herhalten müssen, David vor allem, aber auch das Brückenmotiv wird so strapaziert, dass man sich einen Einsturz derselben wünscht.

Alexander Langer hat offensichtlich immer am Mythos gestrickt, voll ausgelastet zu sein und heftig zu arbeiten. Arbeit wird dabei so definiert, dass man es dem Gesicht ablesen kann, dabei könnte gerade intellektuelle Arbeit auch easy wirken und sein.

Das Ende ist tragisch, depressiv, macht weiter, was gut war, soll einer der letzten Sätze gelautet haben.

Hinter der Biographie voller Suche und Schicksal tut sich das Land Südtirol auf. Eingekesselt von Internaten und humanistischen Bildungsfragmenten stolpern da ehemalige Zöglinge mit ihrer eigenen Unbedarftheit sich selbst vor die Beine, ist man versucht zu resümieren.

Florian Kronbichler hat seine Bestandsaufnahme bewusst für jetzt und nicht für die in der Heimat üblichen Ewigkeit geschrieben. Seine intelligente Vorsicht wird vielleicht dazu führen, dass das Buch über Jahrzehnte hinaus Gültigkeit hat bei der Beschreibung dessen, was vielleicht gut war 1995, 2005 und später.

Florian Kronbichler: Was gut war. Ein Alexander-Langer-Abc.
Bozen: Raetia 2005. 159 Seiten. EUR 18,-. ISBN 88-7283-227-6.

 

Helmuth Schönauer, 30-08-2005

Bibliographie

AutorIn

Florian Kronbichler

Buchtitel

Was gut war

Erscheinungsort

Bozen

Erscheinungsjahr

2005

Verlag

Raetia

Seitenzahl

159

Preis in EUR

EUR 18,-

ISBN

88-7283-227-6

Kurzbiographie AutorIn

Alexander Langer, Philosoph, Lehrer, Politiker, geb. 1946 in Sterzing, starb 1995 in Florenz.

Florian Kronbichler, geb. 1951, lebt in Bozen.

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