Elias Schneitter, Frühstück mit Sonnenbrille

Buch-CoverHinter den Prospekten vom schönen Dorf gibt es jene sozialen Everglades, in denen einsame Jäger ihre Dosenbiere trinken und den Alligatoren beim Dösen zusehen.

In Elias Schneitters skurrilem Roman sitzen ein paar Figuren am Rande des Dorfes und zerkugeln sich vor Lachen. Nicht umsonst heißt ihr Headquarter für geistige Getränke "Kugellagerbar", eine Bar, von der die kreisförmigsten Gedanken ausgehen. Heißt sie jetzt so, weil einmal ein Mechaniker mit Kugellagern darin gearbeitet hat, oder weil sich alles wie geschmiert im Kreis dreht, oder weil man sich wirklich zerkugelt?

Wie ein gediegener Parkettboden ist der Roman aus schrägen und glatten Holzscheitern zusammengefügt. In kursiver Erzähllage soll Roby in das Gefängnis einrücken, weil noch eine alte Sache offen ist. Herzzerreißend innig verabschiedet er sich von seiner geliebten Rosy, der Abschied dauert länger als jedes Getränk dauern kann, so werden es viele Getränke, bis endlich der Student mit dem Taxi vorfährt. Und im Verlaufe des Romans übernimmt wohl der Student die Rolle des vom Trinkorgasmus geschüttelten Liebhabers, während Roby einsitzt.

In jenen Teilen, wo die Buchstaben scheinbar gerade stehen, geht es um Szenen aus der Randlage der Gesellschaft. In Form von alten Lehrbüchern zu korrektem Benehmen werden Verhaltensweisen angesprochen, die sich kaum korrekt abwickeln lassen.

  • Wo Roby und seine Freunde hingehen, wenn sie Trost suchen.
  • Wie Rosy und Roby zusammenfinden und welche Rolle Doktor Schiwago dabei spielt.
  • Warum es nicht schlecht ist, wenn auch der Professor einmal die Schule schwänzt.

Die Fragen sind teilweise heikel, aber dann doch irgendwie elegant zu lösen. Eine so genannte Liebesinsel, von der aus man ununterbrochen Doktor Schiwago schauen kann, erhöht beispielsweise die Erotik ungemein. Ein abgesandelter Professor, der nicht nur im Trinken sattelfest ist, kann gelungene Eingaben bei Gericht verfassen, und Rosy hat einen Führerschein für alles was Räder hat, so dass sich ab und zu eine Spritztour durch Europa ausgeht.

Elias Schneitter erzählt mit einem knappen Figurenset wie in einem Comics, bei dem ständig die Sprechblasen aus dem Leim gehen. Die Moral der Figuren hat etwas vom Anarchismus eines Mark Twain, man muss auf der Moral aufsitzen und sie zusammenreiten, dann kommt man ungeschoren durchs Dorf. Der Roman ist letztlich für den Leser auch ein Survival-Training, er erzählt, wie die Gesellschaft an den Rändern funktioniert, wenn der Schnickschnack aufhört. Nicht umsonst will der wahnsinnige Professor eine Doktorarbeit schreiben über ein Leben drei Tage lang ohne Gesetz.

Und was hat es mit dem Titel auf sich?

Nach Beendigung seiner Sitzung im Gefängnis geht Roby stracks in die Kugellagerbar und ruft mitten am Tag: Heute gibts Frühstück mit Sonnenbrille. (107)

So hell ist manchmal das wirkliche Leben, dass man es nur mit Sonnenbrille aushält!

Elias Schneitter: Frühstück mit Sonnenbrille. Roby und seine Freunde. Roman.
Innsbruck: Skarabaeus 2005. 108 Seiten. EUR 13,90. ISBN 3-7082-3187-2.

 

Helmuth Schönauer, 17-09-2005

Bibliographie

AutorIn

Elias Schneitter

Buchtitel

Frühstück mit Sonnenbrille

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2005

Verlag

Skarabaeus

Seitenzahl

108

Preis in EUR

EUR 13,90

ISBN

3-7082-3187-2

Kurzbiographie AutorIn

Elias Schneitter, geb. 1953 in Innsbruck, lebt in Zirl.

Themenbereiche