Arno Geiger, Es geht uns gut

Buch-CoverAus manchen Romanen erfährt man als Leser die Hauptbotschaft direkt aus dem Text, aus anderen wiederum aus der Begleitmusik, die diesem Text untergelegt ist.

Arno Geiger hat mit seiner österreichischen Kleinbürger-Saga "Es geht uns gut" genau jenen Sound getroffen, den Preismacher und Buchpromotoren offensichtlich momentan so lieben. Die Lobeshymnen über diesen Roman reißen nicht ab und somit gibt der Roman fürs erste einmal Auskunft darüber, was etwa fünfzig- bis siebzigjährige Literaturmanager gerne heutzutage für förderungswürdig halten.

Also: Gefragt ist eine Familiengeschichte über drei Generationen und eine Rahmenhandlung, die der Gewöhnlichkeit eines österreichischen Daseins eben einen Rahmen gibt. Philipp Erlach erbt die Villa seiner Großeltern und schmeißt alles weg. Aber wie das mit dem Aufräumen so ist, je mehr man die Dinge entsorgt, umso heftiger treten sie in den Vordergrund.

Der Roman setzt biologisch sinnigerweise mit 1938 ein, denn gute Familien halten sich an die Zeitgeschichte, und so wird pünktlich zum Einmarsch Hitlers eine Tochter geboren, auf dass der Stammbaum irgendwie sich entfalten kann. Allmählich kriegen auch die anderen Figuren Kontur und ein zeitgeschichtliches Korsett. Der fünfzehnjährige Peter etwa darf sinnlos in den letzten Kriegstagen herum schießen, weil so das Sinnlose gut zum Ausdruck kommt.

Von den Fünfziger Jahren ausgehend kommt artig alles dran, was die Republik an Geschichte zu bieten hat. Typisch österreichisch ist vielleicht das Grußporto, mit dem man jahrelang um fünf Worte verbilligt Ansichtskarten aus Österreich in alle Welt verschicken konnte.

Der aktuelle österreichische Roman ist offensichtlich ein Stationen- oder Marterlroman. Alfred Komarek beispielsweise schickt seinen Käfer immer von einem Gedächtnis-Bildstöckl zum nächsten, Arno Geiger schickt seine Figuren eben von einem nichtswürdigen Datum zum nächsten. So sind die einzelnen Kapitel als Familieneinträge konzipiert, "es" beginnt mit Montag 16. August 2001, hat einen Weißen Sonntag, 8. April 1945 aufzuweisen, streift die Jahre 1938, 1962 oder 1970 und endet wieder am Mittwoch 20. Juni 2001.

Letztlich passiert bloß viel Schrott und vor allem die Gespräche zwischen den jeweiligen Kindern und Eltern sind geradezu läppisch blöd. Auch die Erwachsenen haben sich nicht viel zu erzählen, ?ich muss die Uhr nicht unbedingt haben- weil du schon eine hast " weil ich schon eine habe, stimmt genau." (11)

Als Leser erfährt man alles, was man schon weiß auf eine lästig schnarrende Art. Aber dass so was in ist und die Literaturszene darauf abfährt, das ist die wirkliche Botschaft dieses Romans.

Arno Geiger: Es geht uns gut. Roman.
München: Hanser 2005. 389 Seiten. EUR 21,50. ISBN 3-446-20650-7

 

Helmuth Schönauer, 21-11-2005

Bibliographie

AutorIn

Arno Geiger

Buchtitel

Es geht uns gut

Erscheinungsort

München

Erscheinungsjahr

2005

Verlag

Hanser

Seitenzahl

389

Preis in EUR

EUR 21,50

ISBN

3-446-20650-7

Kurzbiographie AutorIn

Arno Geiger, geb. 1968 in Bregenz, lebt in Wien.

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