Clemens Berger, Paul Beers Beweis

Buch-CoverLiteratur dient oft der Aufklärung, sei es, dass vergangene Zeiten, die Kindheit oder das Leben am Lande erhellt wird, sei es, dass versteckte Kabel frei gelegt werden, welche zeigen, wie Schaltungen wirklich funktionieren und wie die Dinge im Leben wirklich zusammenhängen.

Im Roman "Paul Beers Beweis" geht es um all diese Dinge und so steht auf der Tagesordnung Aufklärung mit Esprit. Die Hauptfigur hat offensichtlich die erste Identität abgelegt und ist zu einem Helden wie aus dem Bilderbuch geworden. Im Leben gibt es manchmal diese Punkte, an denen man so gut wie alles verändern muss, also wird aus einem erfolglosen Urbewohner des Burgenlandes, der noch dazu täglich in der Zeitung steht, weil seine Frau auf seltsame Weise gestorben ist, ein arbeitsloser Fußballfan in Wien.

Man ist das, wofür man sich hält, heißt es in der Psychologie, aber in der Literatur wäre es gut, wenn es für die jeweiligen Identitäten auch die entsprechenden Beweise gäbe. Der Privatgelehrte Paul Beer ist also aufgerufen, Fotos, Gesprächsstoffe und Rituale aus der Urzeit des Helden in seiner ehemaligen Heimatstadt Oberwart zu untersuchen, ob sich nicht die alte Identität wissenschaftlich korrekt in die neue überleiten ließe.

Unterstützt wird dieses Unterfangen durch seine Liebe zu einer Antiquarin, die ja Spezialistin für alte Bücher, Stiche und Lebensstile aus vergangenen Zeiten ist.

Jetzt ist das elementare Figurenset der Literaturgeschichte beisammen und beweist sich ununterbrochen, dass das jeweilige Leben das richtige ist. Die Antiquarin wühlt im Gefühlskitsch und schäkert sich durch die eigene Biographie, der Privatgelehrte sucht auf jeder Seite einen Beleg für seinen Sinn und dreht sich im wissenschaftlichen Argumentationskreis um sich selbst, und der Fußballfan säuft sich durch die Stammkneipen vergilbter Fanclubs.

Allmählich vermischen sich diese Schicksale zu einem schwergoldenen Erlebnis-Brockat. Was hätte sein können, wird zur Wirklichkeit, der Schein der Gegenwart beweist glorreiche Zukunft und das kitschig klein karierte Leben der Provinzstadt erzeugt großen Habitus, wenn es in die Großstadt Wien implementiert wird.

Gerücht, Erinnerung, antiquarische Ausgaben von Argumenten und der Sound von Stammweisheiten in kleinformatigen Kneipen ergeben ein Konglomerat von Lebensweisheiten, die an jeder Stelle aneinandergefügt werden können und dennoch immer das Richtige ergeben.

Clemens Bergers erzählt wie ein umgedrehter Staubsauger, er bläst mit seinem Erzählrohr auf die verstaubten Kanten der Provinz, und wenn sich der Wirbel gesetzt hat, erglänzen die Begründungen für die skurrilen Verhältnisse wie neu.

Clemens Berger: Paul Beers Beweis. Roman.
Innsbruck: Skarabaeus 2005. 165 Seiten. EUR 18,90. ISBN 3-7082-3196-1.

 

Helmuth Schönauer, 17-11-2005

Bibliographie

AutorIn

Clemens Berger

Buchtitel

Paul Beers Beweis

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2005

Verlag

Skarabaeus

Seitenzahl

165

Preis in EUR

EUR 18,90

ISBN

3-7082-3196-1

Kurzbiographie AutorIn

Clemens Berger, geb. 1979 in Güssing, lebt in Wien.

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