Kunst | Musik

Silvia Ferrara, Die große Erfindung

andreas.markt-huter - 18.03.2022

silvia ferrara, die große erfindung„Dieses Buch handelt weder von der griechischen Antike noch vom Alphabet, und es auch kein historischer Essay, sondern gewissermaßen eine Erzählung, die von einer Erfindung handelt: von der größten der Welt. Gewissermaßen, weil sie zwar einen Anfang hat und von einer abenteuerlichen Reise um die Welt handelt, ihr Ende aber erst noch geschrieben werden muss.“ (S. 9)

Silvia Ferrara betrachtet die Schrift als Manifestation des menschlichen Bedürfnisses zu kommunizieren, unsere Existenz „auf einem fest Grund zu verankern“ und unsere Bewusstsein die Zeiten überdauern zu lassen. Als Helden steht dabei der Menschen selbst im Mittelpunkt, mit seiner Fähigkeit mit dem Leben zu interagieren und zu kommunizieren. In der Schrift tritt uns eine ganze Welt entgegen, die es zu entdecken gilt und durch die wir die Erscheinungen der Welt filtern.

Raimund Bahr, Selbst die Vögel fliegen nicht mehr in den Süden

h.schoenauer - 09.03.2022

raimund bahr, selbst die vögel fliegen nicht in den südenJahreszahlen auf Buchcovern lösen im Lesegedächtnis unverschlüsselte Reaktionen aus. Wenn die seltsame Zahl 2020 aufblitzt, erweckt sie ähnlich wie seinerzeit 1914 ein mulmiges Gefühl, geht es doch bei beiden Jahren um große Katastrophen.

Raimund Bahr hat das pandemische Jahr mit einem trockenen Satz überschrieben: „Selbst die Vögel fliegen nicht mehr in den Süden.“ Die evozierten Vögel tauchen normalerweise in jeder Gedichtsammlung auf, um durch die Konnotationen Flug, Bewegung, Nest und Gesang das Wesen der Lyrik zum Klingen zu bringen. Die Zeit wird dabei zum Vogel, der nach gelungenem Nestbau in den Süden fliegt, um der Wärme zu folgen. Jetzt freilich sind die Vögel entweder schon ausgestorben und durch Drohnen ersetzt, oder aber sie sind im Lockdown und vergessen auf das Fortfliegen.

Jože Javoršek, Primož Trubar

h.schoenauer - 11.02.2022

joze javorsek, primoz trubarDamit sich ein Staat gegenüber anderen Staaten legitimieren kann, braucht er neben Fahnen, Verfassung, Verteidigung und Währung auch den Nachweis, dass er lesen und schreiben kann. Ursprünglich mussten nur Kirchenleute und Kriegsherrn nachweisen, dass sie zumindest Urkunden lesen können, in demokratisch organisierten Gebilden ist es unumgänglich, dass es auch eine Literatur gibt, die aus dem Volk für das Volk gemacht wird.

Wie dringend dieser Nachweis für einen neuen Staat ist, merkt man beispielsweise bei den Nachfolgestaaten Jugoslawiens. Zwar brodelte es als Nationalismus schon länger im Vielvölkerstaat, aber für die Unabhängigkeit war immer der Nachweis einer eigenen literarischen Identität vonnöten.

Robert Fleck, ART. Kunst im 21. Jahrhundert

andreas.markt-huter - 17.12.2021

robert fleck, art. kunst im 21. Jahrhundert„Eine der großen Herausforderungen im künstlerischen Schaffen besteht heute darin, wie man persönlich mit der nahezu unvermeidbaren Verbindung von digitalen und analogen Momenten in der eigenen Arbeit umgeht. Diese Fragestellung war noch vor zwei oder drei Jahrzehnten kaum abzusehen. Dementsprechend unvorbereitet, bisweilen auch frisch und neu sind die Antworten, vergleichbar mit dem Aufkommen der Abstraktion und des Films vor hundert Jahren.“ (S. 19)

Die Kunst der Gegenwart wird von zahlreichen Erscheinungen inspiriert aber auch beeinflusst und hat sich gerade unter den Einwirkungen digitaler Techniken sowie neuer Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten radikal verändert. „Art. Kunst im 21. Jahrhundert“ spürt zentralen Fragen im Verhältnis zwischen Kunst und Gegenwart nach.

Gerhard Jaschke, Gemischte Freuden

h.schoenauer - 21.09.2020

gerhard jaschke, gemischte freudenAb wann wird der Nagel, an dem das Bild hängt, selbst zum Bild? Wie stark muss ein Satz sein, dass er einen Absatz tragen kann? Wie fett darf eine Headline ausfallen, dass sie den darunterliegenden Text gerade noch nicht erschlägt?

Gerhard Jaschkes Sprachradar hat die Fähigkeit zur Rundumsicht und zum Rundumschlag. Seine 360-Grad-Version von der Welt zeigt immer das Allgemeine in einem Mikrokosmos. Umgekehrt kann sich in der Mickrigkeit eines Satzes ein ganzes Sozio-Universum auftun.

Helmuth Schönauer, Buch in Pension

andreas.markt-huter - 06.05.2020

helmuth schönauer pension„Jeder, der von Helmuth Schönauers fünftausend Buchbesprechungen erfährt, fragt sich, wie schreibt man fünftausend Buchbesprechungen, und wieso tut man das.“ (S. 5)

Auch nach seiner Pensionierung beschäftigt sich der Tiroler Schriftsteller Helmuth Schönauer mit literarischen Neuerscheinungen zwar mit einem besonderen Blick auf den Tiroler Literaturbetrieb ohne aber internationale Besonderheiten aus dem Auge zu verlieren.

Manfred Mixner, Geschichten von Anderen

h.schoenauer - 11.03.2020

Geschichten von AnderenWenn man lange genug magisch auf eine Gegend schaut, entsteht dabei die Literatur wie von selbst. Der schwedische Wald hat, wie übrigens auch der Innsbrucker Mitterweg, die Kraft, täglich neue Geschichten wachsen zu lassen.

Der Grazer Literaturverwalter und Schriftsteller Manfred Mixner sitzt schon seit Jahren im schwedischen Wald und blättert in alten Aufzeichnungen, sortiert die Geschichten neu und holt Höhepunkte der Literaturvermittlung als Rundfunkmacher und Literaturhausbetreiber aus den Mappen.

Jean-Marc Ceci, Herr Origami

h.schoenauer - 24.02.2020

jena-mar ceci, herr origamiEin Roman gilt üblicherweise als Podium für Üppigkeit von Figuren und Ausstattung, Verknotung von Handlungen, Spiegelung von winkeligen Seelensträngen. Das Gegenteil müsste so etwas wie der Zen-Roman sein, ein Text voller Reduktion bis hin zur Auflösung jeglicher Konsistenz.

Jean-Marc Ceci hält wie ein Zen-Meister seine eigene Biographie klein bis zur Unscheinbarkeit. Er gibt nur zu, auf einer Universität zu unterrichten und in Südbelgien zu leben. Offensichtlich hat er sich die eigene Biographie von seinem Helden abgeschaut, der als Zwanzigjähriger aus Japan nach Italien fährt, um sich zu verlieben. Als Sechzigjähriger ist er dann Meister der Papierkunst und wird Herr Origami genannt. Seine Liebe ist in unzählige Papierfaltungen eingeflossen und verdunstet.

Christian Steinbacher, Gräser im Wind

h.schoenauer - 15.01.2020

christian steinbacher, gräser im windDas Trivialste und Geilste, das man sich in der Literatur vorstellen kann, ist Gras. Nicht nur, der biblische Vers, „alles Fleisch wird Gras“, weist auf die Besonderheit von Gras hin, auch der Top-Roman des Nobelpreisträgers Claude Simon heißt schlicht „Das Gras“.

Christian Steinbacher nimmt das Gras zum Ausgangspunkt für seine poetische Abhandlung, die bei ihm Abgleich heißt. Als Vorspann ist dem Gräser-Werk eine zweifache Übersetzung einer Szene aus Simons Gras vorangestellt. Selbst der Laie erkennt, dass Gras bei jedem Anblättern anders wird. Im Roman dient das Gras einerseits als Stoff für ineinander Verwachsenes und als Unterlage für Seitensprünge, die manche Helden mitten im Absatz durchführen.

Hannes Vyoral, jahrland

h.schoenauer - 18.12.2019

hannes vyoral, jahrlandNeben Liebe und Tod ist der Kreislauf der Zeit das aufregende Thema, das Künstler seit Jahrhunderten bewegt. Letztlich sind sogar Liebe und Tod der Zeit untergeordnet.

Hannes Vyoral lebt schon seit Jahren an der Kante von Land und Niemandsland und beobachtet die Jahreszeiten, das Wetter, den Kalender. Die dabei aufgezeichneten Kalendergedichte gleichen im ersten Anblick lokalen Wetterereignissen, bei genauerem Hinsehen bringen sie freilich eine eigene Welt zum Vorschein, worin sich täglich ein ganzer Schöpfungsbericht ablesen lässt.