Pädagogik | Psychologie

Noam Chomsky / Marv Waterstone, Konsequenzen des Kapitalismus

andreas.markt-huter - 28.07.2023

noam Chomsky und marv waterstone, konsequenzen des kapitalismus„Scheinbar endlose Kriege sowohl der heißen auch der kalten Art überall auf der Welt. Immer umfangreichere und gravierendere Umweltkatastrophen. Beispielloser globaler Reichtum und beispiellose Ungleichheit der Einkommen. Und, als Reaktion auf diese und weitere Symptome systemischen Zusammenbruchs immer repressivere und autoritärere Regimes, die sich einer extrem spalterischen Rhetorik bedienen. Das sind die Bedingungen, die das tägliche Leben von Milliarden von Menschen auf unserem Planeten charakterisieren.“ (S. 7)

Im Mittelpunkt der Auseinandersetzung mit dem gegenwärtigen Wirtschafts- und Gesellschaftssystem Kapitalismus stehen seine Folgen, die sich als Umwelt- und Klimakrise, militärische Eskalationen und eine neoliberale Durchdringung unserer Wirtschaft und Gesellschaft äußern.

Konrad Paul Liessmann, Lauter Lügen

h.schoenauer - 19.07.2023

konrad paul liessmann, lauter lügenWas für ein Cover! - Lauter Lügen | Lauter Lägen | Konrad Liessmann | Lauter Lügen. Der Philosoph steht mitten unter Lügen.

Konrad Paul Liessmann ist mit den beiden Tugenden Selbstvertrauen und Selbstironie gesegnet, was vor allem den Lesern zugute kommt. Denn je nach Strenge des Gedankens ist man geneigt, sich manchmal der übersteigerten, dann wieder der lustigen Seite des Denkens zuzuwenden.

„Lauter Lügen“ ist eine Essaysammlung aus den Jahren 2016 bis 2022. Als philosophische Überlegungen wurden die Texte in der „Neuen Zürcher Zeitung“ und „Kleinen Zeitung“ abgedruckt. Beide Zeitungen haben hohes Renommee, wenn auch verschieden gelagertes Publikum, dem liberalen Schweizer Freigeist steht auf der anderen Seite der klerikal Österreichische Kleingeist gegenüber. Die Essays freilich sind so offen gestaltet, dass sie an beiden Segmenten andocken können.

Peter Hofinger, Seelen-Abwasser

h.schoenauer - 10.07.2023

peter hofinger, seelenabwasserWenn die Blase versagt, beginnt die Literatur erst richtig zu wirken. – Die Kraft der Literatur steckt zwischendurch darin, dass sie Grenzgängerin ist und regelmäßig jenen Schubladen entsteigt, in die man sie zu jeder Epoche aus pragmatisch-pädagogischen Gründen einlagert.

Peter Hofinger wählt mit seiner „Selbstbeschreibung der Kindheit“ eine Erzählform, die Elemente der Zeitgeschichte und der pädagogischen Vertuschung mit den Mitteln der seufzenden Autobiographie und transzendenten Bewusstseinserweiterung durch Esoterik bedient. Kraftvolle Literatur hat meist einen Anlass, und ihr Segen besteht darin, dass sie diesen Anlass überwindet.

Stefan Verra, Körpersprache gendert nicht

h.schoenauer - 07.07.2023

stefan verra, köpersprache gendert nichtWie weit darf ich als Mann im Bus die Beine spreizen, ehe ich von Mitfahrenden wegen sexueller Belästigung angezeigt werde? – Diese Frage ist nicht so sehr wegen des Inhalts bemerkenswert, sondern wegen der Überlegung, wer sie beantworten könnte.

Stefan Verra ist die erste Adresse, wenn es um Kunst, Kommunikation und politische Strategie rund um den Körper geht. Die sogenannte „Körpersprache“ ist nämlich älter als die gesprochenen Sprachen, daher ist sie mehr oder weniger überall verständlich, noch ehe jemand den Mund aufgemacht hat.

Benedikt Widmaier u.a., Politische Bildung nach Auschwitz

andreas.markt-huter - 09.06.2023

benedikt widmaier, politische bildung nach auschwitz„Wie kein anderes historisches Ereignis stehen die nationalsozialistischen Verbrechen für die basale Erschütterung des Vertrauens in die zivilisatorische Selbstbegrenzung der modernen Gesellschaft. Auschwitz zerbrach die fortschrittsoptimistische Grundfigur der Aufklärung, weil sich mit der industriell organisierten Vernichtung von Menschen, dem zerstörerischen Antisemitismus und der Pervertierung des Nationalstaatsgedankens das erklärte Ziel der Aufklärung in ihr Gegenteil verkehrt hatte.“ (S. 17)

Die Schrecken der NS-Diktatur und des Holocaust bilden die zentrale Zäsur des 20. Jahrhunderts, die auch für die politische Bildung im schulischen Unterricht, vor dem Hintergrund veränderter Lebens- und Erfahrungswelten eine fundamentale pädagogische Herausforderung darstellt.

Ben Krischke / Mathias Brodkorb u.a., Die Wokeness-Illusion

andreas.markt-huter - 24.05.2023

alexander marguier, die wokeness-illussion„Denn kein geringerer als der wirkmächtige US-Politologe Francis Fukuyama ließ in seinem schon 2018 erschienenen Buch mit dem Titel »Identität« keinen Zweifel daran, dass der kulturelle Fokus der Identitätspolitik von ernsthaften Überlegungen darüber abgelenkt habe, »wie der dreißig Jahre währende Trend in den meisten liberalen Demokratien zu größerer sozioökonomischer Ungleichheit umgekehrt werden kann«.“ (S. 8)

Die Aufsatzsammlung „Die Wokeness-Illusion“ setzt sich mit den verschiedenen gesellschaftspolitischen Diskussionen der Gegenwart rund um die Themen struktureller Rassismus, Geschlechtersystem, Neoliberalismus, politisch korrekter Konsum, woke Sprache und Kultur, Identitätspolitik und kulturelle Aneignung auseinander.

Alain Deneault, Die Herrschaft der extremen Mitte

andreas.markt-huter - 15.05.2023

alain denault, die herrschaft der extremen mitte„Was kann ein Mittelmäßiger am besten? Einen anderen Mittelmäßigen erkennen. Sie tun sich zusammen, kraulen sich gegenseitig das Fell und danken es mit einer Gegenleistung, um einem wachsenden Klan den Rücken zu stärken, denn schon bald werden sie andere Mittelmäßige anziehen. Wichtig dabei ist nicht so sehr, Dummheit zu vermeiden, als sie mit Bildern der Macht zu schmücken.“ (S. 11)

Wenn nur mehr die Macht des Geldes regiert und alle sich in den Dienst der Reichen und Mächtigen stellen, um deren selbstbezogene Ziele zu verfolgen, herrscht das Mittelmaß, das nicht mehr über ein vorgegebenes Denken und Handeln hinauskann und das alle Bereiche des geistigen, ökonomischen und kulturellen Lebens durchzieht.

Sebastian Bernhardt, „Ausreißen“ in der aktuellen Kinder- und Jugendliteratur

andreas.markt-huter - 12.05.2023

sebastian bernhardt, ausreißen in der aktuellen Kinder- und Jugendliteratur„Die Thematisierung von Ausreißertexten im Deutschunterricht bietet sich schon deshalb an, weil im Zentrum die Reise steht, die oftmals mit abenteuerlichen Ausgestaltungen erfolgt. […] Die Abenteuertexte weisen Spannung auf und bieten die Möglichkeit, die literarische Verarbeitung mit den Schüler*innen zu thematisieren.“ (S. 19)

Das Sachbuch „‘Ausreißen‘ in der aktuellen Kinder- und Jugendliteratur“ führt ausführlich detailliert vor Augen, wie fruchtbar sich das Thema „Ausreißen“ in all seinen unterschiedlichen Ausformungen für den Deutschunterricht einsetzen lässt. Die zahlreichen aufbereiteten Textbeispiele aus der Kinder- und Jugendliteratur bieten Anwendungsbeispiele und interessante Anregungen für unterschiedliche Schulstufen.

Vera Zwerger Bonell, Schattenwärts

andreas.markt-huter - 31.03.2023

vera zwerger bonell, schattenwärtsDie meisten Pflanzen und Lebewesen drängen, wenn möglich, ins Helle und an die Sonne. Bei den Menschen freilich führt dieses Streben oft stracks ins Dunkel, und manches Schicksal scheint eine Bewegung „schattenwärts“ zu sein.

Vera Zwerger Bonell bringt mit ihren Lebensskizzen drei Frauenschicksale ans Leselicht, ehe diese dann wohl wie alle Stoffe in den Büchern in den Schatten der Archive eintauchen werden. Die Geschichten sind der Autorin erzählt worden, es gibt kaum noch Zeitzeugen. Die Leser dürfen am Vorgang des Verlöschens von Schicksalen noch einmal teilnehmen, indem sie vielleicht ihr eigenes Leben hineinprojizieren in des Gedankenspiel mit der Vergänglichkeit.

C. H. Huber, Sagtest du Liebe

h.schoenauer - 29.03.2023

c. h. huber, sagtest du liebeEine Liebesgeschichte überlebt die ausgelösten Emotionen nur, wenn sie sich rechtzeitig auf die rettende Liebesinsel „Ironie“ rettet. Und einmal dort gelandet, lässt sich neben der Liebe auch gleich der Tod wunderbar leicht erzählen.

C. H. Huber geht die Sache in forscher Innenschau an. „Sagtest du Liebe“ lässt sich schon im Titel als Vorwurf, Enttäuschung oder Häme lesen. Alle diese Leseweisen spielen eine Rolle, wenn die Protagonistin Paula ihren Liebeskrimskrams aufräumt.

Den Großteil des Romans sitzt Paula als Ich-Erzählerin im immer reifer werdenden Körper gefangen und lässt sich beinahe apathisch durch die letzten Jahrzehnte schleudern, während sie vor der Trommel sitzt und der Waschmaschine zuschaut.