Tiroler Gegenwartsliteratur

Pro Vita Alpina (Hrsg.), Tiroler Land wie bist du

h.schoenauer - 15.04.2010

Buch-CoverEin Mythos dient meist dazu, etwas Tabuisiertes darzustellen und durch seine pure Benützung Identität zu schaffen. So hat also jedes Land, das etwas auf sich hält, einen spezifischen Mythos, damit die Gegend und deren Bewohner als einmalig erkannt werden können.

Selbstverständlich hat auch Tirol einen Mythos, manche sprechen sogar von einem Mega-Mythos, weil alles um Andreas Hofer herum so gewaltig und großartig ist.

Thomas Schafferer, fujiyama hinter dächern

h.schoenauer - 14.04.2010

Buch-Cover

Kunst besteht manchmal darin, mit frei gewählten Spielregeln einen chaotisch aufgebauten Alltag mit Eleganz in die Schranken zu weisen.

Thomas Schafferer versucht, dem unbarmherzigen Abfluss von kleinsten Alltagspartikeln mit einem Alltagebuch in Form eines Gedicht-Bild-Bandes zu begegnen. Dabei wird die Darstellungsmethode genauestens aufgezeichnet.

Astrid Kofler, Lebenskörner

h.schoenauer - 13.04.2010

Buch-CoverLebenskörner - dieser Titel regt gleich die Phantasie an. Vielleicht sind es Zeitgebilde, die wie in einer Sanduhr abrinnen, vielleicht handelt es sich um ein spezielles Saatgut, das eine einzigartige Lebensernte ermöglicht, vielleicht sind es aber auch die Körnchen Wahrheit, die da im Roman ausgelegt sind.

In Astrid Koflers Roman rinnen die Lebenskörner als Teil einer überschaubaren Chronik durch die Zeit. In ein unauffälliges Südtiroler Dorf werden die Bewohner zufällig hineingeboren, sie versuchen mit sich selbst zu Rande zu kommen, vermehren sich, reden manchmal was miteinander, halten jegliches Unglück für gottgegeben und wandern ab und zu aus oder kehren heim ins Dorf der Vorfahren.

Georg Payr, Das ewig Päpstliche zieht uns hinan

h.schoenauer - 03.04.2010

Buch-Cover

Manchmal explodiert in einem gut gewählten Titel bereits eine Leselust, dass man gar nicht anders kann, als hinzustarren, hineinzulesen und sich auf der Stelle durch Lektüre notzubefriedigen.

Georg Payr erzählt von diesem unheimlich "Päpstlichen", das uns offensichtlich hinan und wohl auch in die Tiefe zieht.

Hubert Gundolf, Geschichten der Erinnerung

h.schoenauer - 01.04.2010

Buch-Cover

Wie versickert Geschichte? Kann man die Erinnerung retten? Gibt es ein Mittel gegen die Halbwertszeit des Gedächtnisses?

Hubert Gundolfs nachgelassenen Erinnerungen versuchen der Zeit ein Schnippchen zu schlagen. Denn die Voraussetzungen für das Aktualisieren von Vergangenheit sind nicht gerade ideal.

Hans Karl Peterlini, Freiheitskämpfer auf der Couch

h.schoenauer - 30.03.2010

Buch-CoverIn der Wissenschaft gilt manchmal noch das gute Rezept der Alchimisten. Man nehme zwei Stoffe, vermenge sie ordentlich und erhalte das Gold der Wissenschaft in Gestalt einer Diplomarbeit.

Hans Karl Peterlini hat letztlich das naheliegendste Forschungsgebiet in Tirol für seine Studie (und sein Studium) ausgewählt. Er hat den Stoff der Tiroler Bummser- und Zeitgeschichte über die Grundlagen der Psychoanalyse gestülpt, und herausgekommen ist eine wunderbare, süffisant zu lesende Demontage großen Heldentums.

Martin Maier u.a., Wege ins Berufsleben

andreas.markt-huter - 03.03.2010

Buch-CoverFür das Schul- und Berufsleben gibt es zwar jede Menge Ratgeber und pädagogische Nachschlagewerke, für diesen entscheidenden Zeitraum jedoch, wo Eltern zusammen mit den Kindern deren Berufswahl betreuen sollen, gibt es so gut wie nichts.

Im Rahmen eines Leonardo da Vinci Projektes haben sich Teams aus einigen EU-Staaten zusammengetan und einen Strategie-Führer entwickelt, der den Einstieg ins Berufsleben erleichtern soll. Den Österreichischen Teil hat der Innsbrucker Autor Martin Maier übernommen, der zusammen mit dem Institut Hafelekar den Leitfaden redigiert hat.

Markus Köhle, Dorfdefektmutanten

h.schoenauer - 01.03.2010

Buch-CoverDer sogenannte Heimatroman funktioniert nur, wenn er als Karikatur erzählt wird, aber dann umso heftiger.

Markus Köhle nimmt die Folie des Heimatromans als Grundlage, um darauf eine Wahnsinnspartie Dorfleben der Gegenwart zu installieren. Der erzählende Held ist in einem Märklin-Welt-Modelldorf aufgewachsen und hat im Sinne der perfekten Idylle alles richtig gemacht. Aber als er dann eines Tages zu reflektieren beginnt, stellt sich heraus, dass von der Idylle nichts geblieben ist und er am Rande des Dorfes als Hausmeister in einer Raststation zur Ablage gekommen ist.

Martin Kolozs, Lange Abende

h.schoenauer - 25.02.2010

Buch-CoverIn wirklich guten Erzählungen muss der Erzähler zu Tode kommen, weil es nach der Erzählung keinen Lebenssinn mehr gibt.

Mit etwas Augenzwinkern hält sich Martin Kolozs an diese seltsame Faustregel, er schickt seinen Helden Christian in den Suizid und lässt ihn zuvor noch einmal bis zur bitteren Neige zu Wort kommen.

Walter Grond, Der gelbe Diwan

h.schoenauer - 24.01.2010

Buch-CoverSeit dem west-östlichen Divan wissen aufmerksame Leser, dass der Diwan nicht nur etwas zum Sitzen, sondern auch eine persische Gedichtsammlung meinen kann.

Walter Grond lässt mit dem gelben Diwan diese Mehrdeutigkeit anklingen, sein Roman handelt von der Abschottung und Verschmelzung von Ost und West, seine Figuren haben ständig mit Literatur zu tun, und der Plot ist ein modisch gelb gestalteter Diwan, auf dem der Hauptheld seinen Roman aussitzt.