Selma Mahlknecht, Es ist nichts geschehen
"Es wird etwas geschehen" heißt es bei Heinrich Böll, "Es geschah am helllichten Tag", nennt sich der verfilmte Krimi von Friedrich Dürrenmatt und Selma Mahlknecht nennt ihren Roman ganz nach dem gängigen Beschwichtigungsmotto: "Es ist nichts geschehen".
Selma Mahlknechts Roman lässt sich wie eine putzige Familiengeschichte an und wird bald einmal rasant wie ein Krimi. Denn die wahren Kriminalfälle spielen sich immer im Familienkreise ab und um sie zu vertuschen, braucht es diese heruntergefahrene Formel: "Es ist nichts geschehen".
Diese knallharten Geschichten amerikanischer Bauart kennen wir vom schnellen Durchblättern von Magazinen, vom Literaturunterricht, wo jeweils eine Geschichte genau in einer Stunde Platz hat, oder aus Anthologien, worin die Dichter eines ganzen Landstrichs jeweils zu einem vorgegebenen Thema ihre entmachtete Erzählwut herauslassen dürfen.
An der Germanistik läuft seit Jahrzehnten jener Fach-Witz, wonach ein Professor seltsame Fügungen zur Prüfung gibt und der einzige, der die Klausur positiv abschließt, ist ein Ausländer, der soeben mühselig die deutsche Sprache gelernt hat.
Diesen Titel muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, wie bei einem Gedicht kommen hier Härte und Durchhaltevermögen, Schönheit und Verschleierung, Arbeit und Ausbeutung Schlaglichtartig zum Vorschein.
Vielleicht sind Gefühle die idealen Mathematiker, denn sie arbeiten punktgenau und stringent, ein ideales Gefühl ist vielleicht zielstrebig wie eine Gerade, und wenn einmal der Wende-Punkt gekommen ist, biegt es ab im rechten Winkel.
In professionellen Katastrophen-Filmen rasen noch vor dem Anspann die beteiligten Helden in scharfem Gegenschnitt auf einander zu. 
In Shakespeares Sommernachtstraum geht es letztlich darum, die eben gesehene Darbietung für das eigene Leben zu inventarisieren: Bei Gefallen klatschen, bei Missfallen soll man es als Traum abtun.
Wenn in Tirol wieder einmal ein Krawall-Jahr bevorsteht, wie die Hofer-Gedenkjahre bei manchen Gruppierungen süffisant genannt werden, gibt es jede Menge geistige Auseinandersetzung mit Tirol und seiner so genannten Landeseinheit.
Manchmal läuft das Leben ohne Insasse im Körper ab, die Hülle füllt eine sichtbare Rolle aus, aber statt eines Bewusstseins bläst Alltagswind durch das Gewebe des Daseins.