Konrad Paul Liessmann, Geisterstunde
„Wie bei allen Phrasen besteht bei ihrem inflationären Gebrauch die Möglichkeit, dass sie nicht beim Wort genommen werden dürfen. Wie aber wäre es, wenn man einmal darüber nachdächte, inwiefern Bildung zum Glück der Menschen tatsächlich etwas beitragen kann?“ (7)
Was bedeutet es, wenn nicht mehr über Bildung, sondern nur mehr über deren Reform gesprochen wird, wenn nicht mehr Inhalte und Wissen sondern Kompetenzen vermittelt werden sollen, die sich allein am Maßstab der Nützlichkeit orientieren, der wiederum an den ständig wechselnden ökonomischen Bedürfnissen ausgerichtet wird?
In einem Essay lassen sich Eruptionen, die ungefragt aus einem hervorbrechen, insoweit kanalisieren, dass auch die Leser sich mit dem Thema auseinandersetzen ohne davon verschüttet zu werden.
„Dieses Buch ist für Eltern geschrieben. Es möchte ihnen Argumente liefern, um gegen die bestehende Praxis aufzubegehren, die vielen von ihnen Kopfschmerzen bereitet und sie oft ohnmächtig zurücklässt.“ (10)
„Österreich-Ungarn beschloß [sic!], mit der kriegslüsternen Leichtfertigkeit überalterter Kaiserreiche, die Gelegenheit dazu zu benutzen, sich Serbien einzuverleiben, wie es sich im Jahre 1909 Bosnien und die Herzegowina angeeignet hatte.“ (79)
„Aber die Frage der Queen – Weshalb hat keiner der Ökonomen die Krise kommen sehen? – ist einfach. Deren wichtigstes Rahmenkonzept zum Verständnis der Makroökonomie ließ den Faktor Geld außer Betracht.“ (294)
„Eine geräuschlose Revolution? Ohne Kämpfe, ohne Umstürze, nur in Teilbereichen, eher unauffällig über einen langen Zeitraum: Kann das als die größte Revolution seit der Sesshaftwerdung der Menschheit in der Steinzeit […] gedeutet werden?“
„Das Attentat von Sarajevo war der dilettantischste Tyrannenmord der Neuzeit; denn mit dem österreichischen Thronfolger starb der am wenigsten kriegsbesessene Politiker seiner Zeit – ohne Tyrann gewesen zu sein. Dass sich aus dem Gymnasiastenspiel am Veitstag ein Weltenbrand entwickeln könnte, hielten die Menschen anfangs für die unwahrscheinlichste Variante.“ (76)
„So gesehen waren die Protagonisten von 1914 Schlafwandler – wachsam, aber blind, von Albträumen geplagt, aber unfähig, die Realität der Gräuel zu erkennen, die sie in Kürze in die Welt setzen sollten.“ (718)
„Umfragen belegen, dass das Wissen über und das Interesse an Europa bei den Bürgern und Bürgerinnen vergleichsweise gering ist. Dieses Unwissen ist nicht nur bedauerlich, sondern gefährlich: Europa lebt von seinen Bürgern und Bürgerinnen.“ (9)
„Der Große Krieg von 1914 bis 1918 war nicht nur die ‚Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts‘ wie ihn der amerikanische Diplomat und Historiker George F. Kennan bezeichnet hat, sondern auch das Laboratorium, in dem fast alles entwickelt worden ist, was in den Konflikten der folgenden Jahrzehnte eine Rolle spielen sollte …“ (9)