Dilip und der Urknall und was danach bei uns geschah

Die Erzählung Dilip und der Urknall und was danach bei uns geschah von Salah Naoura ist eine erfrischende, witzige Familiengeschichte für Erwachsene und Kinder, die sich hervorragend zum Vorlesen eignet.

Anton, ein neunjähriger Junge, der für sein Leben gern Geschichten erzählt und Märchen berichtigt, möchte einmal Reporter werden. Er lebt mit seiner Familie – seinem Vater, einem fußballfanatischen Banker, und seiner Mutter, einer Hausfrau – in scheinbarer mittelständischer Glückseligkeit. Nach dem Wunsch seines Vaters sollte Anton selbst ein fußballspielendes Mathegenie sein, jedoch kann Anton mit beiden Sachen nicht viel anfangen. Laut seiner Lehrerin ist Anton ein Wackelkandidat, was seinen Vater natürlich nicht sehr freut, denn „ nur eine Sache ist für ihn noch wichtiger als Fußball, und zwar Mathe. „Wer nicht gut Mathe kann, der bringt’s nicht weit im Leben“, sagt er immer.“

 

Er selbst, der Vater, ist immer erfolgreicher in seinem Job, weswegen er ein neues Haus und ein neues Auto für seine Familie kauft. Als Antons Eltern dann auch noch, auf innigsten Wunsch seiner Mutter, den neunjährigen indischen Dilip adoptieren, geht das Abenteuer Familie erst so richtig los. Alle Hoffnungen werden in Dilip gesetzt, einmal die Wünsche des Vaters zu erfüllen. Dillip, ein hochbegabtes Kind, das sich eingehend mit den Naturwissenschaften beschäftigt und einmal Forscher und Astronaut werden möchte, erteilt dem Vater in Richtung Fußball eine Absage.

 

Als der Vater dann auch noch seinen gutbezahlten und prestigeträchtigen Job verliert, beginnt der gesellschaftliche Abstieg. Sie verlieren Haus und Auto und müssen bei Antons neuem Freund Marek, auch ein Wackelkandidat, und dessen Vater, einem Müllmann, einziehen.

 

Kritik


Wer kennt sie nicht, die Not mit der lieben Familie? Jeder von uns, ob als Kind oder als Elternteil, könnte so manches Lied davon singen, wie es in seiner ganz speziellen Familie zugeht. Und doch ähneln oder wiederholen sich die Situationen immer wieder - ob durch Generationen hindurch oder nur weil man aus der gleichen Nachbarschaft / sozialen Schicht kommt.

 

In dieser vom Protagonisten Anton auf herrlich erfrischende, sehr witzige und doch nüchterne Art erzählten Familiengeschichte kommt es zu mancherlei familiären Situationen, in denen sich der junge Leser sehr oft wiederfinden kann. Salah Naoura versteht es, den Generationenkonflikt zwischen Vater und Sohn zum Leben zu erwecken. Der Wunsch von Antons Vater, seinem Sohn Besseres zu bieten, als ihm geboten wurde, und damit den Lauf der Familiengeschichte erheblich zu verbessern, scheitert kläglich.

 

Anton kann und will seinen Vater nicht verstehen, der als hochangesehener Banker viel Geld verdient und von sich behauptet ein Mathegenie zu sein und Fußball als den Sport für jeden Jungen sieht. Die Mutter, eine gelernte Apothekerin, versucht immer wieder verzweifelt zu vermitteln, jedoch ist sie meistens gegen ihren patriarchalischen Mann machtlos. Zu guter Letzt adoptieren sie auch den neunjährigen Dilip, der sich im Laufe des Buches als absolutes Wunderkind herausstellt.

 

Die Sprache des Buches ist einfach gehalten, jedoch könnten so manche Stellen, wie die Märchenberichtigungen und die physikalischen Erklärungen, für Kinder eher verwirrend wirken. Auch so manche witzige Passagen, an denen ich als Erwachsener herzhaft lachen musste, könnten von Kindern eher nicht verstanden werden. Hier bedarf es vielleicht manches Mal einer Erklärung durch einen Erwachsenen.

 

Am Ende des Buches wünscht man sich eine Fortsetzung, um mehr über das mittlerweile „normale“ Leben dieser Patchwork Familie zu erfahren.

 

Text: Barbara Köll

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